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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer





E. F.

Brüder und Schwestern


Die Männer sind im inneren Kreis,
und die Fauen sitzen hinter ihnen.
Die Frauen wissen soviel wie die Männer,
und man fragt sie oft um Rat.
Sie interessieren sich immer dafür,
was ihre Männer machen,
und denken darüber nach."

Sarah Winnemucca Hopkins Paiute



Es scheint mir, die freimaurerische Arbeit speist sich aus vielen Quellen ...

Als Freimaurer sehen wir uns bekanntlich als eine Gemeinschaft von Ungleichen, die sich aber auf gleicher Ebene begegnen, ihre oft gegensätzlichen Ansichten im gegenseitigen Respekt austauschen und sich verpflichtet haben, dies auch außerhalb der Loge zu praktizieren, also nicht nur zu reden, sondern auch zu tun. Aus den Verpflichtungen von Ethik und Humanität heraus bezieht sich die "gleiche Ebene" nicht nur auf unsere Bruderschaft, sondern auf alle Menschen gleichermaßen - so, wie es in Religionen und gesellschaftlichen Regeln vorgebetet und gefordert, aber dann doch nicht von gar zu vielen vor-, geschweige denn nachgelebt wird.

Auch in unseren Reihen, dies sei selbstkritisch festzustellen, ist Wollen und Tun nicht immer deckungsgleich. Der Unterschied jedoch besteht eben darin, daß im Tempel durch das Ritual, gestützt auf die Alten Pflichten, eben diese Diskrepanz beseitigt werden soll. Wir haben es bei der Aufnahme gelobt, und daran müssen wir uns messen lassen, jeder einzelne für sich, zunächst innerhalb der Bruderschaft. Dies jedoch kann nur ein Anfang sein.

Die Ziele der Freimaurerei sind nicht innerer Selbstzweck einer x-beliebigen Organisation: Die Arbeit an uns selbst ist nur der Grundstein für den "Tempel der Humanität". Sie soll uns persönlich festigen und uns bei der Vollendung dieses imaginären Baues helfen. Schaut dieses Bauwerk dann aus der Baugrube, der "Deckung" heraus, so wird es der vollen Gewalt gesellschaftlicher Unwetter ausgesetzt, jeder Stein, jede Mörtelfuge für sich; an jedem Glied der Bruderkette wird gezerrt und gerüttelt, von aussen wie von innen.

Doch es gibt oberhalb des Fundamentes eine Zone relativer Ruhe, ein Übergangsbereich zwischen "Buten und Binnen", der es uns ermöglicht, unsere Selbsterkenntnis zu prüfen, ehe wir vorwitzig die Nase aus der Tür strecken: Wo wäre ein geeigneterer Ort für einen Praxistest zu finden als in der Familie, der Ehe bzw. der Lebensgemeinschaft. Selbst in diesem Bereich intimer Vertrautheit zeigt uns durch die Unvollkommenheit unseres Wesens die tägliche Praxis Grenzen auf, wie sehr auch immer wir uns bemühen mögen.

Unseren Schwestern (nach freimaurerischer Terminologie die Ehefrauen und Lebenspartnerinnen der Brüder) kommt hier ein schwieriger Part zu. Nicht umsonst wird vor der Aufnahme eines Suchenden in die Freimaurerloge geprüft, ob sich die Freiheit und der gute Ruf eines Mannes auch in seiner Familie wiederspiegelt. Damit hat sich auch meine Frau bereiterklärt, einen Teil ihres Gatten an einen Bund abzugeben, dessen Inneres sie (und ich glaube, manchmal wurmt sie das ein wenig) nicht in vollem Umfang erblicken darf. Die weißen Handschuhe, die mir der Bund als Zeichen der Wertschätzung bei meiner Aufnahme für sie mitgegeben hat, sind gleichzeitig Auftrag. Sie misst nun die Ergebnisse meiner freimaurerischen Arbeit an meinem Verhalten, hält als Schwester dem Bruder einen Spiegel vor; fragt sich und mich, ob ich denn wirklich ein besserer Mensch geworden bin - profan ausgedrückt - ob sich die Investition in Form meiner Abwesenheit für wöchentlichen Logenabende wirklich lohnt, ob Anspruch und Wirklichkeit nicht doch wieder allzuweit auseinanderklaffen.

Gleichsam versuche ich zu ergründen, ob sich mein geändertes Selbst vielleicht auch widerspiegelt im Verhalten und Wirken meiner Frau. Bleibt diese Resonanz aus, ist zu prüfen, ob an meinem Stein noch zuviele Ecken unbehauen geblieben sind. Dann brauche ich gar nicht erst in die Alltagswelt hinauszugehen, um mich zu bewähren - es wäre zum Scheitern verurteilt.

Vorbild zu sein, ist an sich schon schwierig genug. Dies ist kein leichtes Unterfangen, wenn die Ideale der Menschen mehrheitlich nicht mehr in Ethik und Erkenntnis, sondern in der Mehrung von Besitz und der Zurschaustellung von Geltung und Einfluß bestehen. Die Abkehr von immateriellen Werten wird heute zum Teil offen zur Schau gestellt. Den mutigen Verwirklicher kühner Ideen, den rastlosen Arbeiter im eigenen Betrieb, den Mittelständler, der gegen den Globalisierungstrend auf eigene Werte setzt, den Angestellten, dessen Aufmerksamkeit auf die Wohlerfüllung seiner Aufgaben ausgerichtet ist, zieren dennoch oft Ehrlichkeit und Bescheidenheit. Sie belegen, daß Wohlstand und Moral durchaus in Übereinklang zu bringen sind, und einige dieser Männer sind folgerichtig in der freimaurerischen Bruderkette wiederzufinden. Und die Frauen? Sie haben besonders in den letzten Jahren bewiesen, daß sie gleich geschaffen sind, gleiches zu leisten vermögen, gleichsam motiviert, Ideenreich, wertvoll - alle Menschen werden Brüder, nicht nur die Männer.

Reichtum durch Schurkerei, juristisch einwandfreies und doch moralisch verwerfliches Abzocken und Steuerflucht trifft letztlich alle; aber immer mehr ist neben öffentlicher Verurteilung leider auch eine klammheimliche Bewunderung zu spüren. Durch diese Verschiebung wird es umso schwieriger, diesem leider nur allzu menschlichen Drang zu widerstehen und offen und mutig gegen diesen Strom anzuschwimmen. Selbst die Unterscheidung, in wieweit notwendige Veränderungen und Entwicklungen in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Erhalt ethischer Werte vereinbar sind, fällt schwer. Wir sehen als einzelne doch nur einen kleinen Ausschnitt und können dadurch nur schwer abschätzen, in welche Richtung der weitere Weg uns führen wird.

Unsere Schwestern sind für uns wichtig als Gesprächspartner, als Gedankengeber, als Berater und Prüfer zugleich, geben uns einen weiteren Blickwinkel und vermögen oft genug, eine eigene, manchmal überraschende Perspektive hinzuzufügen, die sich aus ihrem gefühlsmäßigen Ansatz "und komm' mir nicht mit Logik...!" ergibt. Im Idealfall werden wir durch unsere freimaurerische Arbeit unsere Schwestern dazu ermuntern, von sich aus aktiv zu werden und sich ebenfalls einzubringen und einzufügen in den großen virtuellen Bau der Humanität.

Ein für mich sehr eindrucksvolles Beispiel und Vorbild ist unser Bruder Karl-Heinz Böhm mit seiner Frau Almaz, eine gebürtige Äthiopierin. Es ist müßig, zu überlegen, ob seine innere Einstellung ihn zur Freimaurerei geführt oder die Freimaurerei ihn zu diesem Engagement gebracht hat - es wird eine wechselseitige Verstärkung sein, die ihn freimaurerisch Vorbildlich handeln läßt. Eben diese Einstellung, dieses Engagement des Br.: Böhm ließ ihn eine Frau, eine Schwester finden, die ihn weiter bestärkte, und die sich von seiner Einstellung leiten ließ. Zusammen konnten sie noch mehr erreichen. Neben humanitärer Hilfe, die sie leisten, kämpfen sie schon seit Jahren gegen die kulturelle Benachteiligung sowie körperliche und seelische Verstümmelung der Mädchen und Frauen in diesem Teil der Welt. Ich hoffe, daß wir noch viel von ihnen hören werden.

Auch wenn unsere Frauen, die Schwestern dieser und aller anderen Logen und Organisationen, die sich dem Guten und Schönen verschrieben haben, oft keinen direkten Einblick nehmen können in das Tun ihrer Männer, so geben sie uns ihr Vertrauen, bestärken uns in unserer Arbeit so, wie sie sich von uns inspirieren lassen. Sie geben uns Gelegenheit zur Übung, Reflektion und Korrektur.

Bruder und Schwester, die Dualität oder das Ying und Yang, sie ergänzen sich wie die Felder des musivischen Pflasters. Mehr noch:

Ein Volk ist so lange nicht erobert,
wie die Herzen seiner Frauen stark sind.
Dann aber ist es aus und vorbei -
einerlei, wie mutig die Krieger und
wie stark ihre Waffen auch sein mögen.

Cheyenne-Redensart