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F.-L. B.

Naturgewalten - Erinnerungen für die Zukunft

Am 2. Weihnachtsfeiertag 2004 rissen uns Nachrichten vom Seebeben mit Epizentrum vor der Nordwestküste Sumatras aus unserer festlichen Selbstzufriedenheit. Es hatte eine Stärke von 9,3 auf der Richterskala und erzeugte eine verheerende Flutwelle in den Küstenregionen im Golf von Bengalen, der Andamanensee, Südasien sowie in Ost- und Südostafrika. Da viele sonnenhungrige Menschen die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel für einen Kurzurlaub in dieser Region gewählt hatten, waren auch eine nicht unerhebliche Anzahl von Familien in unserer Lebensregion von dieser Naturkatastrophe direkt betroffen.

Durch die moderne Technik leben wir in einer scheinbar sicheren Welt. Die Gefahren von Naturkatastrophen haben wir schon lange aus unserer täglichen Sicht verloren. Immer wieder werden wir von den Naturgewalten auf unsere Hilflosigkeit hingewiesen. Schon die alten Schriften berichten von solchen Ereignissen. Der Mensch lebte früher mit ihnen und versuchte durch Einbinden in Geschichten, Märchen oder rituelle Handlungen, diese zu verinnerlichen, zu erklären bzw. zu manipulieren. Heute gehören Nachrichten über Katastrophen zwar fast zu den täglich einströmenden Informationsinhalten, doch wir werden nur noch am Rande von ihnen beeindruckt, so daß wir sie schnell wieder vergessen.

Der nachstehende Bericht über den Krakatauausbruch von 1883 soll verdeutlichen, daß der Mensch trotz aller moderner Technik gegenüber den Naturgewalten doch recht hilflos geblieben ist. Vielleicht fördert diese Einsicht ein wenig die Bescheidenheit in der Bewertung unserer technischen Leistungen.

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Der Krakatauausbruch im Spiegel der historischen meteorologischen Segelschiffstagebücher

"Hörten Geschützdonner in Südsüdost klar und deutlich" schrieb Kapitän W. Schneider an Bord des hölzernen Vollschiffes "IDA" (1298 R.T.) am 27. August 1883 auf der Position 2 Grad 39 Minuten Nord und 108 Grad 13 Minuten Ost in sein Wettertagebuch. Es handelte sich hier allerdings nicht wie angenommen um eine Seeschlacht, sondern um den Donner der Eruptionen des Krakatau-Vulkans.

Der Krakatau in der Sundastraße ist im allgemeinen durch seinen heftigen Ausbruch am 26. und 27. August 1883 bekannt. Der Vulkan explodierte förmlich und die Fläche dieser vulkanischen Insel verkleinerte sich dabei von 33,5 km² auf 10,5 km². Man schätzt das emporgeschleuderte Material auf 18 km³, wobei das Aschenfallgebiet ca. 827 000 km² groß war. Die Insel war von einer 70 m hohen Aschenschicht bedeckt, während die Rauch- und Staubsäule bis zu 30 km hoch stieg und im Umkreis von 700 km noch sichtbar war. Besonders die 36 m hohe Flutwelle richtete auf Java und Sumatra furchtbare Verheerungen an und trug am meisten zum Verlust von etwa 40 000 Menschenleben bei. Die Ausläufer dieser Flutwelle konnten noch bis Reunion und Südamerika verspürt werden.

Veränderungen in der Sunda-Straße durch den Ausbruch des Krakatau, 26. und 27, August 1883
Historische Karte aus "Mitteilungen aus Perthes' geographischer Anstalt", 29. Band, 1883


Wie sich schon in der Einleitung abzeichnete, liefern die historischen meteorologischen Segelschiffstagebücher hoch interessante Augenzeugenberichte dieser Naturkatastrophe. Kapitän E. Leverkus beschreibt sein Krakatau-Erlebnis an Bord der hölzernen Bark "Charlotte" (354 R.T. ) wie folgt:

"26. August 1883, Mittagsposition 11 Grad 15 Minuten Süd, 107 Grad 50 Minuten Ost.

"Nachts das Wasser wie gestern und vorgestern, als wenn das Schiff über ein Schneefeld segelte. Von 5 Uhr nachmittags durch die ganze Nacht, hörten ein Kanonendonner ähnliches Geräusch in NNW-Richtung, oft mit stundenlangem Sausen, dann aber zuweilen starke Knalle. Schoben es auf einen Vulkan oder dergleichen auf Java."

27. August 1883, Mittagsposition 8 Grad 21 Minuten Süd, 106 Grad 43 Minuten Ost.

"Der vulkanische Donner dauerte bis 10 Uhr vormittags. Von 8 Uhr morgens bis gegen Abend fiel sehr viel Asche auf Deck und Segel; 11 Uhr morgens dunkle Luft, wie Dämmerung. 2 Uhr Nachmittag, mußten in der Kajüte die Lampe anzünden."

28. August 1883, Mittagsposition 7 Grad 14 Minuten Süd, 105 Grad 50 Minuten Ost.

"Nachts hatte das Wasser wieder die gewöhnliche Farbe (also nicht mehr weiß). 16 Uhr: auf dem Wasser schwamm viel Asche."

29. August 1883, Mittagsposition: 10 sm Süd von Java Head

"Große Fladen Bimstein trieben grau überzogen von Asche am Schiff vorbei."

30. August 1883, Mittagsposition 12 sm von Krakatau Insel Sundastraße

"hatten häufig dichte meilengroße Fladen Bimstein, das Land und Bäume waren grau überzogen von Asche."

31. August 1883, Mittagsposition 6 sm Ost von Krakatau Inseln, Sundastraße

"4 Schiffe in Sicht, das Wasser trieb voll von Leichen, von Menschen und Tieren, Häuser, Bäume etc.; zuweilen schrecklicher Gestank."

1. September 1883, Mittagsposition 10 sm NNW von North Wather (Java See)

"Morgens östlich holende Winde. Anjer und der Leuchtturm Fourth Point sind mit dem Erdbeben total verschwunden. Hatten wieder dasselbe schaurige Treibsal wie gestern, bis nördlich von Anjer, wo das Wasser rein wurde. Nachmittags sahen (wir) einen holländischen Man of War, welcher signalisierte:" Nehmen Sie sich in acht, ich glaube nicht, daß die Seezeichen (Bojen) auf der richtigen Stelle sind.""

Im November 1883 berichtet Kapitän H. Schröder an Bord der hölzernen Bark "Joe Bauers" (889 R.T.) in seinem Tagebuch an die Deutsche Seewarte über die Java See nach der Katastrophe:

"Hier war es haarsträubend und zeugte von großer Zerstörung, welche über Java geherrscht haben mußte. Die ganze See war nur Felder von Bimstein, zu verschiedenen Malen so groß wie der Gesichtskreis reicht. Es trieben Stücke vorbei von 1 bis 1 1/2 Fuß Durchmesser. Doch erreichten bei sonst gutem Wetter am 22. November die Sundastraße."

An anderer Stelle seines Berichtes fährt Kapitän Schröder dann fort:

"Gegen Abend war Krakatoa passiert und erreichten den Indischen Ocean, Reisedauer 42 Tage.

In der Sundastraße hatten ein Bimsteinfeld, welches so dicht war, daß eine Pütze von der Reeling daraufgeworfen darauf treibend blieb. Von Krakatao scheint das nördl. End verschwunden zu sein. Nach der Karte konnte höchstens mit einer NWlichen Peilung ein Durchgang sichtbar sein, doch bemerkten in 10 sm Distanz mit West Peilung eine ziemlich große Durchfahrt. Von Anjer war nichts zu sehen und weil ziemlich von der Javaküste entfernt, ist von der übrigen Küste nichts bemerkt.

Obgleich Zeichnen meine schwache Seite ist, habe ich doch eine Skizze von Krakatoa in West Peilung aufgenommen und hier eingeklebt, in der Hoffnung, daß selbige der Schiffahrt sowie Wissenschaft nicht zum Nachtheil gereichen wird."

Der Krakatau 2 Monate nach dem heftigen Ausbruch
Bleistiftzeichnung, angefertigt von Kapitän Schröder an Bord der hölzernen Bark "Joe Bauers" im November 1883

Genau 5 Jahre nach dem Vulkanausbruch kreuzt Kapitän L. Haesloop mit seinem Vollschiff "Columbus" (1420 R.T.) in die Sunda-Straße ein. Sein Bericht hört sich schon erheblich erfreulicher an:

"Begünstigt von einem starken SW Strom kreuzten wir die Sunda-Straße ein. Abends 8 Uhr ankerten, Fourth Point in S z. 1/2 W 3/4 Seemeilen entfernt, in 22 Faden Wasser, um hier unser Wasser zu ergänzen. Frisches Wasser kann man aus einem Reservoir unentgeldlich haben und mit eigenen Booten holen, es nimmt dies selbstredend viel Zeit in Anspruch, so daß die meisten Schiffe sich das Wasser an Bord bringen lassen. Ein in Anjer (der neuen, unmittelbar beim Leuchtturm gelegenen Ansiedlung) ansässiger Schiffshändler hält ein 800 Gallonen haltendes Wasserboot. Wir bezahlen für 100 Galonen 1 1/2 Gulden. Da es niedrig Wasser war, am nächsten Morgen und nur mit halb Tied das Reservoir mit dem Wasserboot erst zu erreichen ist, ersteres liegt innerhalb eines ganz kleinen Flusses, so hatten wir erst Nachmittags unser Wasser an Bord. Wir beobachteten von der Zeit, in der wir ankerten, also während der ganzen Nacht und auch während des ganzen folgenden Tages einen starken SW Strom ca. 2-2 1/2 Seem. selbst als wir Abends, den 28. d. M., Krakatou passierten, hatten wir noch immer starken SW Strom."

Mit anderen Worten: Der Handel und das Leben hatten sich 5 Jahre nach der Naturkatastrophe wieder erholt.


Literatur

Franz-Ludwig Bruhns, Der Krakatauausbruch im Spiegel der historischen meteorologischen Segelschiffstagebücher. In: Der Wetterlotse, maritim-meteorologische Mitteilungen, Deutscher Wettterdienst, Seewetteramt, Nr. 397/398, Jahrgang 32, Hamburg, Januar/Februar 1980.