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Geheime Unternehmungen der Freymaurer

von Larudan, London Berlin 1788

Viertes Capitel



Die mehresten von meinen Lesern werden bey sich denken: Je weiter ich lese, je weniger weiß ich. Es gehöret nur für einen aberwitzigen Stolz, der nur sich und seines Gleichen für klug hält, sich einbilden zu können, daß sonst so verständige Leute in rechtem Ernst sich mit so enthusiastischen und fatastischen Frazzen, als mit Dingen von der größten Wichtigkeit, beschäfftigen sollten. Hat Cromwell seine Absichten dabey erreichet; was gehet dies das Interesse der heutigen Freymäurer an? Weg mit den Hülsen, aus denen wir nichts zu machen wissen; es muß doch ein Kern da seyn; denn wollen wir endlich sehen. Unsere Freunde haben recht, darum wollen wir ihnen nunmehro unsere Gegenstände nach ihren wahren Endzwecken und moralischen Charakter vorstellen.

Der Orden der Freymaurer ist demnach eine Gesellschaft, welche unter dem scheinbaren Namen der vertrautesten Bruderschaft, eine Menge von Personen zu gleichen Absichten verbindet, ohne daß der Unterschied der Gemüthsarten, der Neigungen, oder der Religion, dabei im geringsten im Wege sey. Eine wunderswürdige





Politik, so in der Lehre, welche sie vorträgt, enthalten ist, belebt und erhält sie, und erstreckt sich nicht nur auf die Brüder, die sie unter einander verbindet, sondern auch auf alle Einwohner der Welt; selbst die wildesten und unbändigsten Völker, die in den noch unentdeckten Welttheilen, oder doch uncivilisirten Amerika wohnen, sind davon nicht ausgeschlossen. Diese Lehre nun, die gleichsam das Leben der ganzen Gesellschaft ist, welche alle Glieder derselben beseelet, ist nach der Freymaurer Meynung, nichts anders, als der natürliche Grundsaz, das in alle Herzen geschriebene Gesez, das der Grund aller unsrer Handlungen seyn soll.

Jedem Schüler wird der Tag, da er aufgenommen wird, dieser Saz eröffnet, den man ihm nichts destoweniger allemal als den Tag des Vergnügens und des Nutzens vorstellt, und nach dem Maaße des Verstandes und der Einsicht, so er denen, welchen die Loge seine Unterweisungen aufgetragen, zu erkennen giebt. Dies ist eine Vorsicht, die mit Cromwells Klugheit sehr wohl übereinstimmt, als welcher jederzeit beschäftigt war, das seltene Talent wohl anzuwenden, die in ihren Neigungen und Vorurtheilen so unterschiedenen Menschen durch Sinnbilder, und durch die Entzückung, darinne er sich selbst befand, zu vereinigen, und der, nach seiner großen Einsicht, sehr wohl erkannte, daß die Er-





klärung seiner Moral nach der Geschicklichkeit und Fähigkeit aller Mitglieder eingerichtet seyn müßte, zugleich aber sich wohl in Acht nahm, ihr eine Deutung zu geben, deren Zweydeutigkeit seinen Vorsaz verrathen, oder die vortheilhafte Meynung, welche er selbiger beylegen wollte, verringern könnte.

Man schließe ja nicht hieraus, daß ein Bruder, der einmal aufgenommen worden, das Vorurtheil, das ihn zeither bemeistert, ablege; nein, das Ansehn der Loge flößt ihm nicht gleich die Manier ein, so man daselbst die Staatsmanier nennet, und wirket in dem Herze die seltsamen Veränderungen nicht, die den Wunderwerken wesentlich sind. Die verschiedenen Meynungen werden da keineswegs vernichtet, sondern bleiben beständig so, wie sie vorher gewesen sind. Alle Religionen behalten ihre Rechte, die Katholiken und Protestanten, die Juden und Christen vereinigen sich bey dieser Fahne, ohne sich von ihren Secten zu entfernen. Der Landesherr und die Obrigkeit verlieren nichts von der Unterwerfung, die ihnen ihre sämmtliche Unterthanen schuldig sind: man verbannt nichts, als die Uneinigkeit und Zwietracht, die in einem Augenblicke entstehen und gelöschet werden, und dieser Grundsaz der Vereinigung und Gesellschaft, davon jeder Bruder eingenommen ist, wird der Grund des Friedens und der Ruhe, welche er





ohne Veränderung bis auf den Tag, der sie blos stören soll, um sie desto allgemeiner und dauerhafter zu machen, genießet.

Was man hier von dieser Ruhe und Zufriedenheit, die in dem Freymäurerorden herrschet, anführet, wird einigen ihne Zweifel unbegreiflich vorkommen; allein man kann noch mehr sagen, und man wird sich noch mehr verwundern, wenn man hören wird, daß diese Verbindung die Empfindlichkeit bis aufs äußerste treibet, so daß, wenn zween Brüder, ohne sich zu kennen, zu Ausmachung einer Streitigkeit den Degen ziehen sollten, die Wuth und Macht, so beyde Gegner erhizt, der größten Zärtlichkeit und aufrichtigen Versöhnung augenblicklich weichen würde, wenn einige Zeichen einem oder dem andern, ich will nicht sagen, verrathen, sondern nur den Verdacht geben sollten, daß sie Glieder eines Leibes und Anhänger einer Lehre wären, und daß tausend Liebkosungen und Umarmungen den brennenden Haß, der sie zuvor zu ihrem Verderben gewaffnet, endlich auslöschen würden.

Von dem so wunderbaren und allgemeinen Bande, welche so viele Secten, ohne einer einzigen Abbruch zu thun, vereinigen, sind die vornehmsten Gründe die Gleichheit und die Freyheit. Das sind die kostbaren Vorzüge, welche sich die Gesellschaft vorbehält, um alle ihre Mitglieder in den Besitz derselben zu setzen. Sie





bringen diese wunderbaren Wirkungen hervor, indem sie die vergifteten Quellen, woraus alles menschliche Unglück herkömmt, den Hochmuth und den Geiz, austrocknen. Die erstere macht, daß alle beschwerliche und verdrüßliche Begriffe von Vorzug verschwinden, durch sie erkennt der Mensch, der in seine vorigen Rechte wieder gesetzt worden, weder Rang noch Würde mehr, deren Anblick ihm unangenehm und seiner Eigenliebe zuwider ist. Die Unterwürfigkeit ist nun weiter nichts, als eine leere Einbildung, die keineswegs ihren Ursprung in der Ordnung einer weisen Vorsicht, so sie nothwendig gemacht hätte; sondern blos in dem eigensinnigen Schicksal und dem ausschweifenden Stolz, welcher will, daß sich alles vor ihm beugen soll, und die Geschöpfe, woraus die Welt besteht, als geringe und verächtliche Wesen, so blos ihm zu dienen verdammt sind, betrachten darf, die andere bringt den angenehmen Frieden und die so süße und beneidungswürdige Zuversicht hervor, welche mit dem Geize gar nicht bestehen kann, indem sie alle seine Absichten zu schanden, die Güter und Reichthümer aber, deren Besitz dem Menschen so viel Sorge, der Verlust so viel Kummer kostet, allgemein macht.

Dies ist der Grund der Lehren der Freymäurer. Man stelle sich aber nicht vor, als ob man sie auf einmal in ihrem völligen Lichte und in so





förmlichen Worten allen, die in den Orden treten wollen, vorstelle. Ein spitzfindiger und durchdringender Verstand konne daraus Folgen ziehen, die den Absichten, welche dieselben verbirgt, gefährlich wären. Deswegen hat man ihm kaum die bey den Wörter: Gleichheit und Freyheit, hören lassen. Man weis gleich dem Lauf seiner Gedanken wo nicht vorzukommen doch ihn aufzuhalten; indem die Sinnbilder und Hieroglyphen ein gewisses Mittel sind, das man augenblicklich anwendet, das Nachdenken durch die Mannichfaltigkeit der Dinge, die man ihm vorstellt, zu zerstreuen. Das ist die wunderbare Quelle, das ist die Frucht der feinen Politik ihres Urhebers, der in der Kenntniß des menschlichen Herzens viel zu geübr war, als daß er nicht mit aller ersinnlichen Geschicklichkeit den bezaubernden und geheimnisvollen Becher, welchen er darreichte, hätte gebrauchen, und der Seele eines jeden Bruders eine schädliche Lehre, welche aber unter einer unschuldigen Gestalt, die ihren wahren Sinn verdeckte, verborgen lag, beybringen sollen.

Auf diese Weise hat man also in dem Orden die Lehre nach der Fähigkeit eingerichtet, und, um den Fortgang derselben zu erleichtern, und ihre Wichtigkeit mehr oder weniger bekannt zu machen, solchen in drey verschiedene Classen ein-





getheilet, in deren ersten die durchdringenden, in der andern die widerwärtigen und unruhigen, in der dritten die leicht und abergläubigen Geister sich befinden. Jede von diesen Classen wird zwar in einerley Lehre, aber nicht auf gleiche Weise unterrichtet. Der wahre Verstand wird bald von der ersten eingesehen, indem die aufgeklärten Mitglieder die Wolken, die ihn umgeben, mit einem Blick zu vertreiben vermögend sind. Deswegen gehören ihnen auch die ersten Stellen, als Enthusiasten und Redner in der Gesellschaft, welches wichtige und schöne Aemter sind, die den ganzen Orden unterstützen und aufrecht erhalten, der andere Haufe ist flüchtig und unruhig, und kömmt zu dieser hohen Erkenntniß nicht anders, als durch Stufen, welches die Sinnbilder und Geheimnisse sind, die man ihm zu errathen vorlegt, und durch ihre Dunkelheit die flatterige Einbildungskraft, deren Ausschweifungen einige Unordnung erregen könnten, im Zaum halten. Was die letztere betrifft, so kann man solche die Classe der Schwachen nennen, die ausdrücklich angelegt zu seyn scheinet, die Unwissenheit und den Aberglauben zu beherbergen. Man verlangt nicht von ihr, als den Geist der Lehre, die man ihr vorträgt, blindlings und ohne Vorbehalt zu folgen, sie mit Eifer anzunehmen, mit Gewalt zu vertheidigen, und diesen göttlichen Aussprüchen, so eine pro-





phetische Raserey ihn unaufhörlich wiederholt, unverbrüchlich beyzupflichten.

Auf diese Weise breitet sich diese Licht, das den Erdboden erleuchten soll, unvermerkt aus, so wird das Lehrgebäude, welches solchen reinigen und ihm seine erste Vortreflichkeit wieder geben soll, vollkommen gemacht: da man sich indessen wohl in Acht nimmt, es mit Ungestüm bekannt zu machen, aus Furcht die allzuschwachen Geister gleich Anfangs durch ein so starkes und durchdringendes Feuer, da man von Zeit zu Zeit einige Stralen, das Auge unvermerkt an solches zu gewöhnen, schießen läßt, bestürzt zu machen: fast wie man mit denen Unglücklichen verfährt, die man nur Schritt vor Schritt aus einem finstern Kerker führt, weil ihnen sonst ein allzuhelles Licht mehr Schaden als die Dunkelheit, aus der man sie bringet, zufügen möchte.

Was die Freyheit und Gleichheit, die beyden größten Vortheile des Ordens, anlanget, so würden die Freymaurer, wenn sie ihren Schülern in das Herz sehen und sich von ihrem Geschmack und Naturell versichern könnten, solchen gar bald als die Wiederherstellung des ersten Zustandes, worinne sich der Mensch, als er von der Hand des Schöpfers kam, befunden, vorstellen; sie würden ihn für die Freyheit, so, nach ihrer Meynung, sein ewiges Eigenthum gewesen seyn würde, wenn nicht Hochmuth und Geiz seine





Beschaffenheit verändert, und das Schwächere der Tyranney des Stärkern unterworfen hätten, ausgaben: mit einem Worte, sie würden ihn das heilsame Mittel nennen, welches sie wieder den Fortgang eines allzusehr verjährten Uebels anwenden wollten, den Unglücklichen die Hand zu bieten, welche ihre Bande zerbrechen, ihre Tyrannen zerschmettern, und sie endlich wieder in die Rechte, deren Verlust ihnen so viel Seufzer gekostet, einsetzen könnte. Allein eine so deutliche und umständliche Erklärung ist nicht nach ihrem Geschmack; sie kennen den Schaden, der dem Orden durch den Eindruck, welchen diese Sprache in den Gemüthern machen würde, zuwachsen möchte, gar zu wohl, und die Allegorie, die ihnen beständig zur Seite gehet, ist eine gar zu nöthige Figur für ihre Absichten, als daß sie solche abschaffen sollten. Geschicklichkeit und Kunst müssen also zuvor angewendet werden, die Erfindung muß dabei zu statten kommen, man muß das wankende Herz untersuchen und erforschen, und es so sanft bewegen, daß es kaum einige Gewalt merken kann. Man muß es belustigen, es bey Gelegenheit verführen, machen, daß es seine eigenen Irrthümer liebet, es in der angenehmen Gewohnheit seines neuen Zustandes einschläfern, und ihm die Absichten, die man seinetwegen hat, nicht eher zeigen, als bis es beynahe zum Ziel gelanget, und in den Umwe-





gen eines Labyrinths, woraus es nicht kommen kann, sich dermaßen verloren hat, daß es keinen andern Weg nehmen kann und will, sich vielmehr völlig an die, so es bisher geführet, hält, und endlich so weit kömmt, daß es die wunderlichste und außerordentlichste Veränderung als einen ganz gewöhnlichen und natürlichen Zufall ansiehet.

Das sind also die wohlausgesonnenen Mittel, deren sich die Freymaurer mit zu bedienen wissen. Diese Art, niemanden unterthänig zu seyn, und sich allem Ansehen und aller Gewalt zu entziehen, ist anfänglich bey ihnen nicht anders, als die Wiederherstellung der Zeit, welche die Poeten das goldne Alter nennen, und welches ihre Einbildungskraft zu allen Zeiten erschöpft hat, die Wiederherstellung des so hoch gepriesenen Reiches, da eine gütige Gottheit auf die Erde herabkam, und die ersten Einwohner derselben unter einem Zepter von Blumen vereinigte. Das ist die Zeit, sagen sie, das sind die glücklichen Jahrhunderte, da das Herz von allen Leidenschaften so entfernet war, daß es auch nicht die geringsten Bewegungen derselben fühlte. Da die Eifersucht, die Beflissenheit, sich vor andern zu zeigen, und eine listige Fertigkeit, unbekannte Wesen waren: Da die Wesen einander gleich waren, den Gesetzen der Natur sich allein überließen, und keinen andern Unter-





schied, als welchen diese weise Mutter unter ihnen gemacht, beobachten; dergleichen zum Exempel der zwischen Vater und Sohn, zwischen Alten und Kindern ist, als welchen die hochmüthigste Eitelkeit nicht verkennen und die argdenklichste Eigenliebe nicht misbilligen kann.

Da diese glückliche Zeit wieder einzuführen, nicht geringers als ein Wunderwerk vonnöthen ist, so hat die Politik indessen für gut befunden, diese Freyheit und Gleichheit Anfangs nur unter den Brüdern einzuführen, sie daselbst zu befestigen, und so lange ungestört zu erhalten, bis daß die genugsam bestätigte Gesellschaft endlich die ganze Welt vereinigen könnte. Und ob es gleich noch jedem ihrer Mitglieder, die Ausübung und den Gebrauch davon öffentlich zu zeigen, unmöglich ist, so hat sie doch indessen das Geheimniß, sie daselbst ungestraft zu erhalten, und vor den Augen der Unheiligen, durch Zeichen und Anrühren zu verbergen gefunden. Deswegen haben die Freymaurer, die zu den Zeiten, da es gefährlich gewesen seyn würde, sich blos zu geben, behutsam sind, alle Kennzeichen, dadurch sie hätten entdeckt werden können, geschickt abzuschaffen gewußt. Der Große und Edle behält allemal die Zeichen seiner Größe: der Herr und Knecht, der Reiche und Arme haben ihren Zustand nicht verlassen, um sich in dieser so sehr verlangten Gleichheit zu sehen: Die Stände sind



noch immer die vorigen, und es fehlt so viel, daß die Loge hier einige Veränderungen fodern, daß vielmehr der Diener daselbst, was er vor seinem Eintritt in dieselbe gewesen, bleiben, und seine Nachkommen ihre vorige Beschaffenheit unverändert beybehalten; ja, wenn sich zwischen diesem geheimen und dem bürgerlichen Orden einiger Unterscheid findet, so bestehet er in nichts, als in dem Vorschmack derjenigen Gleichheit, nach welcher sie seufzen, und die jedes Glied in dem Genuß der Güter, die ihnen allen gemein sind, antrifft. Denn ob schon die Tafel der Diener bey den Gastgeboten von der andern ihrer abgesondert ist, so siehet man doch da nicht weniger eben den Ueberfluß und eben die Niedlichkeit. Was zu Unterhaltung des Leibes nöthig ist, wird ihnen durch die Gesellschaft gegeben, und der Nutzen, welchen sie haben, wenn niemand unter ihnen mißvergnügt ist, macht, daß sie alles, was ihnen nöthig ist, besorgen. Was aber die Untgerwürfigkeit und Ungleichheit der Stände betrifft, so besteht sie daselbst noch wie in einem jeden Staat, da die Kinder ordentlich eben den Rang genießen, welchen ihre Väter haben, und jede Familie als ein vollkommenes Ganze betrachtet werden kann, davon der Vater den ersten, die Kinder den andern, und die Bedienten den dritten Theil ausmachen.





Das ist die eigentliche Manier, welche die Freymaurer angenommen haben, um öffentlich und mit der Sicherheit den Knoten, welchen sie geknüpft, nach und nach aufzulösen. Sie sehen sich als eine besondre Familie an, welche frey von beißenden Sorgen, deren Opfer der Mensch ist, in dem Schooße der Natur ihre lieblichen Tage zubringet. Sie überlassen sich blos ihren Neigungen und Gesetzen, und der Unterschied der Sitten, der Sprachen, und sonderlich der Religion, ist ein allzuschwaches und ein allzueitles Hinderniß, als daß es den Lauf dieses unschuldigen Vergnügens hemmen sollte. Sie sind frey von den alten und gemeinen Gedanken, die allein die schwachen und matten Geister zu beunruhigen fähig sind, sie sind dem Meer, das wegen so vieler Schiffbrüche bekannt ist, entgangen: sie betrachten mit Erbarmen den Haufen der Irrthümer, worein die Menschen gerathen sind: sie sehen die ohnmächtigen Leidenschaften zu ihren Füßen erzittern, und nachdem sie von den drey vornehmsten, welche das Herz als seine Tyrannen ansiehet, ich meyne den Hochmuth, den Geiz und die Liebe, die beyden ersten in ihrer Wurzel vertilget, so bleibet ihnen nur noch ein geringer Kampf gegen die letzte übrig, deren hartnäckige Bemühungen aber ihre gänzliche Niederlage desto gewisser machten.





Der Gesetzgeber der Freymaurer kannte das Herz des Menschen allzuwohl, als daß er nicht hätte voraus sehen sollen, seine Lehre würde einmal ein Vorwurf und eine unerschöpfliche Quelle von Einwürfen werden, ja es würden sich unter seinen eifrigsten Anhängern große Spaltungen ereignen, wenn er sie umständlich eröffnen würde; oder man würde sie wenigstens mit Verachtung und als die Frucht einer Entzückung ansehen, so dieselbe ganz geringschätzig machen könnte. Um nur einer Schwierigkeit, welche sein ganzes Lehrgebäude in Unordnung gebracht, oder vielmehr zerstöret haben würde, zu begegnen, nahm er die Parthie, einem jeden, der in den Orden treten wollte, dahin anzuhalten, daß er alles, was er sehen und hören würde, mit einem unverbrüchlichen Stillschweigen bey sich behielte. Endlich gefiel ihm die Allegorie, den Grund einer Lehre, die er nach eines jeden Fähigkeit vortragen wollte, zu verbergen und zu verstellen. Er theilte seinen Orden in drey Classen, davon jede einen Theil der Moral, welcher sich für sie schickte, erfahren sollte; und diese Classen waren gleichsam so viele Stufen, welche den, der in die Gesellschaft treten wollte, nach und nach zu einer vollkommenen Kenntniß führten. Er wollte, daß diese Stufen durch eben so viel Zwischenräume bemerkt würden, die ihn in den Stand setzten, von den Neigungen und





dem Naturell eines jeden mit Gewißheit zu urtheilen. Er vollführte dieses Werk durch die Zeichen und das Anrühren, so der ganzen Gesellschaft gemein, und doch zugleich einem jeden Mitgliede des Ordens besonders eigen sind, damit die Meister auf einmal das, was einem allein, und das, was allen überhaupt zukäme, erkennen möchten. Gleichwie aber seine Absicht keineswegs auf das weibliche Geschlecht gerichtet war; so fand er für gut, es von diesem Geheimniß gänzlich auszuschließen. Davon sollen noch in der Folge die Ursachen angeführet werden; jetzo will ich nur die Allegorie, davon oben Meldung geschehen, erklären.