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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Geheime Unternehmungen der Freymaurer

von Larudan, London Berlin 1788

Eilftes Capitel



Was wir bisher von den Bruder=Dienern, Lehrlingen, Gesellen und Meistern gesagt haben, enthält nur etwas weniges von der Lehre und den Absichten des Ordens. Die Decken der Sinnbilder und Geheimnisse bedecken sie so wohl, daß auch der Allerscharfsinnigste nicht ohne Mühe etwas davon errathen kann. Jetzt aber sind wir auf die Baumeister gekommen, von denen wir nichts, als was klar und leicht zu begreifen ist, beybringen wollen. Wir wollen vor den Augen des Lesers die dicke Binde wegthun, damit die mißtrauischen Freymäurer die meisten ihrer Mitglieder, denen sie nicht völlig trauen, die sich aber unvermerkt verbunden haben, bedeckt: wie etwa ein Kind, das einen Vogel an einem Faden hält, dennoch Meister von ihm bleibet, ob es wohl in einer gewissen Weite fliegen läßt, so, daß er glaubt entwischt zu seyn, wenn sein Meister den Faden, welchen er am Fusse hat, in der Hand hält.

Niemand wird zu der hohen Würde eines Baumeisters erhoben, bey welchem man nicht die Gaben und Neigungen, so mit dem Entzwecke des Ordens vollkommen übereinstimmen, ange-





troffen hat. Deswegen ist die ganze Zeit, so man in den Klassen der Lehrlinge, Gesellen und Meister zubringt, blos zu einer ernstlichen Untersuchung des Gemüthes und Verstandes gewidmet. Man braucht dazu so viel Geschicklichkeit und List, daß man die innersten Neigungen entdecket, und die geheimsten Gedanken erforschet. Wird man sich darüber wundern, wenn man erwäget, daß die Geschicklichkeit des Ordens die Menschen zu erkennen, von einem in dieser Wissenschaft so erfahrnen Stifter herkommen, als Kromwell war, dessen Kinder sie sind, und der ihnen die Klugheit, die Geschicklichkeit, die Einsicht und List nebst der fanatischen Entzückung einzig und allein zum Erbtheil hinterlassen hat?

Wenn ein neuaufzunehmender Meister Schotte die nöthigen Eigenschaften besitzt, so schlägt man ihn in der Loge der letzten, wenn sie alle beysammen sind, vor, und setzt ihm die Zeit zu erscheinen auf die oben in dem Artickel von den Bruder=Dienern beschriebene Weise an. Der Führer und Examinator sind Baumeister, so wohl als der, welcher die innere Thüre bewacht, denn an der äussern stehen allemal die Diener Wache. Ist der Neuaufzunehmende in das finstere Zimmer gekommen, welches eben dasjenige ist, worinnen man die Brüder=Diener und die andern examiniret, so bringt man drey Lichter wel-





che ein Baumeister auf den Tisch setzt, und alsdann weggeht. Der Examinator kommt an seine Statt, thut an den Neuangehenden eine lange Ermahnung, guten Muth zu fassen, und sich zur Erkänntniß der Lehre der Gesellschaft, so man ihm ohne Figuren und Sinnbilder erklären will, zu bereiten. Bey dieser Gelegenheit fallen beyde auf die Knie, und der Examinator spricht mit großer Andacht ein Gebet, darinnen er Gott um den Beystand des heiligen Geistes, und um die Erleuchtung des Neuangehenden, und um die nöthige Gnade, nicht nur den Verstand der Lehre zu fassen, sondern auch Gefallen daran zu haben, und sie mit allem möglichen Eifer ins Werk zu richten anruft. Hernach fordert er einen Eid von ihm, daß er alles, was man ihm entdecken werde, verschweigen wolle. So bald er solchen abgeleget, erkläret er ihm das Lehrgebäude des Ordens, wie wir solches im Anfange dieses Werkes vorgestellt. Hier wenden nun die Fräumäurer alle ihre Politik an. Und Proteus hat nie so vielerley Gestalten angenommen, als sie ihnen Lehren geben, um sie unvermerkt auf den großen Endzweck, die Freyheit, und Gleichheit, vorzubereiten und zu führen. Gewiß sie gehen nicht sehr weit von dem ab, der ihnen den Weg gebahnet, und der lieber wollte, daß andere seine Gedanken erriethen, als daß er sie ihnen entdeckte, ob er schon von seinen Reden, wie es die Ge-





legenheit erforderte, Meister war. Finden sie einen Kandidaten, dessen Geschmack und Neigungen mit ihren Absichten völlig übereinstimmen, so nehmen sie in ihren Reden nicht so viel Ausschweifungen, ob sie sich schon vornehmlich im Anfange mit vieler Vorsicht herauslassen.

Nachdem das Gebet sich geendiget, fragt der Examinator den Neuaufzunehmenden: ob er sich das Ceremoniel der Baumeister gefallen lassen wolle? Nachdem er Ja geantwortet, klingelt der Examinator einmal mit einem kleinen Glöckchen, so auf dem Tische stehet, sogleich kommen zween Baumeister, und der Examinator geht weg. Die zwey ersten sagen zu dem Kandidaten, daß er eine Wage in die linke und einen Degen in die rechte Hand nehmen solle. Alle drey fallen hierauf auf die Knie, und nehmen Gott zum Zeugen, daß sie fest über der Beobachtung seiner Befehle halten, dem Lichte der Natur folgen, und was gut und recht ist, lieben wollen. Hernach öfnet man die Thore, und die beyden Führer bringen den Neuangehenden an die innere Thüre der Loge, wo jeder dreymal anpocht. Der Thürhüter macht auf, und fragt den Neuangehenden: Ob er den Beruf zu Freyheit und Gleichheit, zum Gehorsam, zum Muth, und zur Standhaftigkeit habe?





Er antwortet Ja. Man führet ihn hinein, und der Thürhüter macht zu.

Was die Figur, so man bey dieser Gelegenheit auf den Boden zeichnet, anlangt, so stellt solche nichts mehr von dem zerstörten oder wieder erbaueten Tempel Salomons vor. Sie bestehet in fünf einzelnen und kreuzweis gesetzten Figuren. Der Neuaufzunehmende fängt seinen Umgang beym Furchse an, fähret mit dem Pelican, der Taube und dem Affen fort. Endlich bleibt er dem Fuchse gegen über stehen. Der Meister befiehlt allen, die bey ihm sind, auf die Knie zu fallen, und fängt zum drittenmale ein Gebet an, worinnen er sowohl Gott um Beystand, bey ihren reinen und billigen Absichten, als um die Glückseligkeit des Ordens anruft. Wir wollen kein Exempel von diesen Gebeten anführten, weil solches den Lesern verdrüßlich seyn möchte, sondern nur anmerken, daß die Freymäurer vormals göttliche Eingebung, Entzückungen und Ueberschattungen vorgaben, welche sie für wahrhafte Enthusiasten, wenn sie es im Ernste gethan, würden gehalten haben. Was sie aber hier thun, ist nichts als ein blosses Kunststück, den Candidaten zu gewinnen, Verwunderung bey ihm zu erwecken, und ihn beständig an ihre Begriffe und die Beförderung ihrer Vortheile anzugewöhnen. Das ist der Endzweck,





wo ihr feines Wesen, vermittelst dieser vorgegebenen Entzückungen, die der Narrheit so ähnlich sind, eigentlich hingehet.

Zu Ende des Gebets fordert der Meister den Candidaten, daß er den Eid nochmals wiederholen solle. Hernach zeigt ihm der andere Aufseher, auf des Meisters Befehl, die Arten zu gehen. Wenn er nach diesem Gange dem Meister gegen über zu stehen kömmt, ruft ihm derselbe zu: "Hat er seine Zeit gelernet? Hat er einen wahren Beruf zu dieser hohen Würde"? Die beyden Führer antworten an des Neuaufzunehmenden Statt, mit Ja. Hierauf muß sich solcher auf den in der Loge bezeichneten Sarg legen, da denn sein Angesicht mit einer mit Blut beschmutzten Leinewand bedecket wird, die andern Brüder um ihn herum stehen, und alle ihre blosse Degenspitzen auf ihn halten. Geschieht es nun, daß mehr als einer aufgenommen wird, so bleiben die andern unterdesssen mit verdecktem Angesichte so lange liegen, bis mit dem ersten die oben beschriebene Prodeduren völlig geendiget, alsdann kommt ein anderer an die Reihe. Hat nun endlich der auf dem Sarge liegende Candidat auch diese Probe einige Zeit ausgehalten, so kommt der Logen Meister zu ihm, richtet ihn auf, und giebt ihn mit einer Umarmung das Meisterwort.





Die Zeichen aber, Griffe und Losungsworte, so der Neuaufgenommene erhält, bestehen eigentlich darinnen, daß man die rechte Hand auf die linke Schulter legt, und bis an die rechte Hüfte führet, hernach die Linke Hand auf die rechte Schulter legt, und von da unter die linke Hüfte führt, und daß man endlich die beyden Hände in die Seiten stemmt, und gleichsam zwo Handhaben macht. Die Griffe bestehen darinnen, daß man sich bey der Hand nimmt, mit dem mittelsten Finger die Fläche derselben reibt, und sich endlich die Stirne küßt. Das Losungwort ist Adonai, welches so viel als Gott bedeutet, und von Buchstaben so wie die andern Losungswörter ausgesprochen wird.

Nachdem der Meister dieses erkläret, befiehlt er dem Redner seine Rede zu halten, welche ein Zusammenhang von Subtilitäten ist, die durch eine beständige Entzückung unterhalten werden. Ich will ein Stück einer solchen Rede, so viel mir noch davon beyfällt, hersetzen: Feinheit, Verstellung, Muth, Liebe, Vergnügen, List, Nachahmung, Raserey, Frömmigkeit, Zufriedenheit, Bosheit, Thorheit, Grausamkeit, Gütigkeit und Freundschaft sind einerley, und haben gleichen Ursprung. Sie verführen, bringen Freude und Traurigkeit, Vortheile und angeneh-





me Tage. Es sind fünf dergleichen Dinge, so doch nur eins ausmachen. Bald! bald! bald! durch den, der da ist, und seyn wird, und gewesen ist. Das übrige der Rede war von gleicher Art, und so dunkel auch diese Dinge scheinen, so sind sie doch ganz deutlich, wenn man auf die Figuren, welche den Charakter der Freymäurer bezeichnen, Achtung giebt. Die Verschlagenheit des Fuchses ist diejenige, unter welcher der Orden seinen Zweck verbirgt. Die Nachahmung des Affen ist die Demuth des Geistes, und die Geschicklichkeit, womit sich die Freymäurer nach den unterschiedenen Gaben und Neigungen ihrer Kandidaten richten. In der That, wenn sie, wie wir oben angemerkt, ganz widrige Neigungen vereinigen, so geschiehet solches dadurch, daß sie sich anfänglich stellen, als ob sie den Meynungen der andern beytreten, in dem folgenden aber, und gleichsam nach und nach, die so ihnen eigen sind, entdecken, so daß sie uns nur Schritt vor Schritt zu ihrem Lehrgebäude führen. Der Löwe ist ein Bild des Muthes, welchen die, so Mitglieder der Gesellschaft sind, besitzen, und zeigt, daß es ihnen nicht an den nöthigen Eigenschaften, zu ihrem Zwecke zu gelangen, mangele. Der Pelikan ist ein Bild der Großmuth und Zärtlichkeit, so unter den Brüdern herrschet. Die Friedfertigkeit der Taube stellt die Ruhe, und alles übrige Vergnügen, so





die Frucht der Ausführung dieses großen Unternehmens seyn wird, vor. Die Eigenschaften dieser Thiere, drücken also die Lehre, und den Endzweck der Freymäurer, nebst den Mitteln, deren sie sich bedienen, aus: Indem sie die Verschlagenheit, des Fuchses, zu betrügen und zu belustigen, die Demuth die Nachahmung des Affen, und sogar gewisse Stellungen, die anfänglich, und ehe man ihre Absicht inne wird, nicht viel ernsthafter als dieses Thieres seine sind, annehmen. Die Stärke des Löwen ist ein Mittel, ihren Feinden Traurigkeit zu erwecken. Die Gütigkeit des Pelikans bedeutet ihren Eifer vor das Wohl der Parthey, deren Nutzen sie suchen, und die friedliche und sanftmüthige Taube ist ein Vorbild der goldenen Zeiten und angenehmen Tage, so in der oben angeführten Rede versprochen worden.

Es ist nicht nöthig, sich länger bey Erklärung dieser Reden aufzuhalten. Nur muß man merken, wie geschickt sie in dem, was in der Politik am schwersten ist, in der Kunst das Falsche jemanden zu überreden, und es für wahr auszugeben, gekommen sind. Denn sie greifen, um den Neuaufzunehmenden das Verlangen nach der Freyheit, und den Vorsatz, das Joch abzuschütteln, einzuflößen, die Religion oder das Regiment nicht offenbar an. Thäten sie es, so wür-





den sie bey den Boshaften, und selbst bey Feinden der Obern, Widerstand finden. Wenn wir eine Meinung als falsch verworfen haben, so nehmen wir deswegen nicht gleich eine andere, so ihr ganz entgegen ist, an. Dieses geschieht nicht anders, als wenn man durch verschiedene Zwischenwege, die die Veränderung nicht gleich so merklich machen, dahin gelanget. Deswegen fangen die Freymäurer erst an zu zeigen, wie gerecht, vorteilhaft und angenehm die allvollkommenste Freyheit und Gleichheit sey. Sie spannen deshalber alle Segel ihrer Beredsamkeit aus. Die Natur des Menschen, der Entzweck des Schöpfers bey seiner Schöpfung, die Mittel, die er ihm zu seiner Erhaltung giebt, und die Verehrung, so er von ihm fordert, geben ihnen genusamen Beweiß ihres Satzes an die Hand. Sie mahlen die Ungerechtigkeit derer, so die Freyheit und Gleichheit verbannt haben, mit sehr häßlichen Farben ab. Sie beweinen die Erniedrigung und Verachtung der menschlichen Natur, welche ihres edlen Ursprungs ungeachtet unter dem Joche der Dienstbarkeit seufzet. Was kann man daraus anders, als die Größe des Vortheils, die der Orden dem menschlichen Geschlechte verschaft, wenn er es in seine natürliche Rechte, und in seine alten Vorzüge wiederum versetzt, schließen. So erheben sie ihren Vorsatz bis an den Himmel. Ihre Geschicklichkeit übertrift





darinnen der größten Redner ihre. Wie wollten sie also eine so angenehme und schmeichelnde Sache als die vollkommene Freyheit und Gleichheit, so uns von allen Arten der Obrigkeit losmacht, ist, nicht einem jeden beliebt und anständig machen.