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Über Geheimsein und Offenbarsein.

Betrachtungen des Philosophen und Freimaurers Karl Christian Friedrich Krause

(Zitiert nach der dritten Ausgabe (Neuausgabe 1849) "Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft", zweiter Band, I. Abtheilung, Seiten I - XVI)

Ich habe an mehren Stellen dieses Werkes versprochen, in einer Abhandlung vom Geheimsein die Grundsätze zu erklären, welche mein Verhalten hinsichts des Geheimseins der Freimaurerbrüderschaft bestimmen. Ich thue Dieses hier, so gut es mir außerhalb des Ganzen der Wissenschaft möglich ist, in allgemeingültigen Sätzen,ohne alle Erläuterung durch Bilder und Beispiele. Ich schreibe Dieses für ernste, im Denken geübte Leser, welche Wahrheit lieben und suchen. Die schwerere Verständlichkeit liegt zumeist in der Tiefe des Gegenstandes, und darin, daß derselbe hier ohne seinen höheren Zusammenhang, außerhalb des ganzen Wissenschaftgliedbaues abgehandelt wird.

*

Es ist für die Erkenntniß jeden Gegenstandes, also auch für die Einsicht in das Geheime, oder in das Geheimsein, erstwesentlich, daß der Urbegriff (die Idee) davon erfaßt werde. Dann erst ist es möglich, einen Gegenstand auch in geschichtlicher Beziehung auf das Leben richtig zu erkennen, und auf diese Erkenntniß ein sachgemäßes und reinsittliches Verhalten zu gründen.

1.

Das Geheimsein oder besser: die Geheimheit, ist diejenige außenbezugliche Eigenwesenheit (nach außen relative Eigenschaft) eines Wesens, als eines Innern, zu einem andern Wesen, als zu seinem Aüßern, wonach das ersto hinsichts des zweiten in Bezug auf des letzteren Erkenntnisvermögen selbwesenlich (selbständig) ist und lebt, ohne mit selbigen hinsichts des Erkenntnisvermögens vereint zu sein. Oder mit andern Worten: geheim ist ein Wesen hinsichts eines andern Wesens, sofern es in seiner Wesenheit und in seinem Leben von dem andern nicht erkannt wird. Das Geheimsein ist also eine Theileigenschaft der reinon und ganzen Selbwesenheit (Selbständigkeit) eines Wesens nach seinem Sein und Leben, welche letztere darin besteht: daß und sofern ein Wesen ein in sich abgeschlossenes, von allem ihm Aüßeren gesondertes, jedoch deshalb nicht ganz getrenntes, Wesen ist nach allen seinen Wesenheiten, nicht blos hinsichts des Erkennens und Erkanntwerdens. - Ferner ist die Verhalteigenschaft des Geheimseins zweier Wesen entweder einseitig, oder wechselseitig, und findet statt sowohl zwischen Wesen, die in dem Verhältnisse der Unterordnung (Abordnung) stehen, als auch zwischen solchen, die sich nebengeordnet sind.

Das Offenbarsein (Anmerkung 1) oder Kundbarsein, dagegen, oder besser: die Offenbarkeit, ist,die der Geheimheit entgegensetzte gleichfalls außenbezugliche Eigenwesenzheit eines Wesens als eines Innern zu einem andern Wesen als seinem Aüßeren: wonach das erste, hinsichts des zweiten, bei bestehender Selbstwesenheit, für das Erkenntnißvermögen des anderen mit selbigem in Vereinwesenheit und Vereinwirkung ist. Oder mit andern Worten: offenbar ist ein Wesen für ein anderes Wesen, sofern es in seiner Wesenheit und in seinem Leben von letzterem erkannt ist und werden kann.

Wird das Geheimsein eines wollenden Wesens in Dessen Zweckbegriff aufgenommen, das ist, wird es beabsichtiget, und stellt dieses Wesen die Bedingungen seines Geheimseins her: so ist es zugleich ein Geheimhalten oder Verheimlichen; und wenn in Absicht des Offenbarseins Dasselbe geschieht, so ist dieses zugleich ein Sich-Offenbaren, - ein Sich-Kundgeben.

Geheimheit bezieht sich mithin auf reine Selbwesenheit, und auf selbständige Gestaltung des eignen innern Lebens,das ist: auf Selbleben; Offenbarkeit dagegen auf Vereinwesenheit, auf vereinwesenliche Gestaltung des eignen innern sowohl, als auch des höhern gemeinsamen Lebens der Vereinten, das ist auf Vereinleben. Geheimheit ist eine Theilaüßerung der selbinnigen Keuschheit; Ofenbarkeit dagegen der vereininigen Liebe.

Aus diesen Begriffbestimmungen ergiebt sich zugleich die Beziehung, worin Geheimheit und Offenbarkeit gegeneinander stehen: sie verhalten sich wie eingegengesetzter Selbwesenheit (Gegenselbheit) zu vereinter entgegengesetzter Selbwesenheit (zu Vereinselbheit) der Wesen; - in anderer Beziehung aber verhält sich die Gegenselbheit zur Vereinselbheit, mithin insofern auch die Geheimheit zur Offenbarkeit, als Bedingendes zu Bedingtem: weil ein Wesen, nur sofern es ein in sich selbst Wesenliches ist, dann auch in Vereinwesenheit und Vereinleben ein Wesenliches sein kann. Diese letztere Beziehung aber des Geheimseins und Offenbarseins findet nur bei endlichen Wesen statt; denn zuhöchst im Verhältnisse Gottes zu allen endlichen Wesen in Gott ist die Beziehung der Geheimheit nur einseitig, die der Offenbarkeit hingegen auf ungleichartige Weise wechselseitig, indem für Gott alle seine endlichen Wesen uroffenbar sind, Gott selbst aber diesen nur offenbar ist, und sich ihnen nur offenbaret, soweit dieselben nach ihrer endlichen Eigenwesenheit der Gotterkenntniß fähig sind, und sofern es zugleich dem heiligen Willen Gottes gemäß ist. Daher ist in Gott, und für Gott betrachtet, die Offenbarkeit das Ursprüngliche und Ganze, die Geheimheit aber das Abfolgende, (Abgeleitete), Endliche und Untergeordnete.

Das Geheimsein, und das gegenheitliche Offenbarsein, bezieht sich ferner auf das ganze Leben, auf Denken, Wollen und Thun, und auf alle Kräfte des lebenden Wesens, mithin auch auf die Rede in Geberden und Worten, das ist, auf die Sprache im weitesten Sinne. Geheimsein in Etwas hinsichts der Sprache ist Schweigen darüber; und sofern es mit Absicht geschieht, Verschweigen; als bleibende Eigenschaft aber gedacht: Schweigsamkeit und Verschwiegenheit. Dagegen Offenbarsein hinsichts der Sprache ist: etwas aussprechen, lehren, verkündigen. Schweigen und Verschweigen ist also nur eine Theilerweisung des Geheimseins und des Geheimlebens; daher kann das in Reden Eröfnete oder Offenbarte in anderer, und innerlicher Hinsicht noch geheim sein und geheimgelebt werden.

2.

Mit diesen urwissenschaftlichen Begriffsbestimmungen ist der Sprachgeist tiefsinniger Völker im Einklange. So ist die allgemeinste Ursylbe, womit das deutsche Volk das Verhältniß des reinen Selblebens bezeichnet: h - m, im Hochdeutschen: heim; worin, nach dem Ursinne der menschlichen Sprachlaute, das h auf Gefühl, das m aber auf Vereinigung und Sammlung nach innen, hindeutet; daher die ganze Ursylbe: heim, gefühlinniges, in sich selbst gesammeltes Leben bezeichnet. Das Wort: heim, deutet für sich, und in den daher stammenden Wörtern: daheim, Heimat, sowie als Endsylbe uralter Land- und Ortsnamen, ein bestimmtes Gebiet selbständigen, in sich beschlossen Lebens an; und geheim kann mithin auch erläutert werden: als Das, was auf bestimmtem Lebengebiete heimisch (heimlich) oder daheim ist. (Anmerkung 2)

Schon von beschränkterer Bedeutung ist die Ursylbe: hehl; die zwar ursprünglich selbständige Ganzheit (Anmerkung 3) anzuzeigen scheint, aber im Hochdeutschen nur noch, in unedler Bedeutung, von dem fehlerhaften und unbefugten Geheimhalten gebraucht wird.

3.

Der allgemeine Urgrund des Geheimseins ist die reine Selbheit (Selbständigkeit) des Seins und des Lebens; denn ein Wesen ist für ein anderes Wesen geheim, sofern es hinsichts des Erkennens desselben selbwesenlich ist. Die reine Selbheit aber ist eine unendliche Wesenheit Gottes, das ist: Wesens; und ebendeshalb ist sie auch jedem endlichen Wesen auf endliche Weise wesenlich. Da jedoch die Selbheit eines jeden endlichen Wesens, als solchen, hinsichts der Selbheit eines anderen Wesens, blos eine in irgend einer Hinsicht gegenheitliche (entgegengegesetze) ist: so ist mit ebendieser Gegenselbheit (entgegengesetzen Selbständigkeit) endlicher Wesen wiederum zugleich auch Vereinigung oder Vereinbildung ihrer entgegengesetzten Wesenheit gefordert; denn nur so sind die endlichen Wesen ein gottähnlicher Gliedbau (Organismus) in Gott, als dem Einen undendlichen Wesen; oder, wissenschaftlich gesagt: nur so ist Wesen in sich Wesengliedbau. Sofern nun Wesen ihre gegenheitliche Selbheit hinsichts dds Erkennens vereinen, sind sie sich wechselseitig offenbar, und sofern Dieses mit Absicht geschieht, offenbaren sie sich einander. Wenn und sofern dann dabei noch theilweis die reine, unvereinte Selbheit der sich wechseitig offenbaren und offenbarenden Wesen für das Erkennen besteht, bleiben sie sich geheim, entweder nur einerseits oder wechselseits. - Für Gott ist kein Wesen in keiner Hinsicht geheim; und Gott ist für jedes erkenntnißfähige Wesen das Eine Offenbare und Offenbarte selbst, und zugleich das in alle Ewigkeit Geheime, das Eine Erforschte und zu Erforschende. Doch schon das soeben Gesagte ist außerhalb der Urwissenschaft (Metaphysik) kaum erfaßlich; noch wenioger erfaßlich, und dabei leicht mißverständlich, würde hier alles Weitere sein. soviel kann indeß dem urwissenschaftlich gebildeten Leser, ohne fernere Erklärung erhellen: daß Geheimsein und Offenbarsein sich wenlich auf die allgemeinen Urbegriffe der Selbwesenheit, der Gegenselbwesenheit und der Vereinselbwesenheit beziehen, welche in den bisherigen philosophischen Syastemen als die Katergorie der Relation ahnungweise bezeichnet worden sind; so daß Geheimsein eine Theileigenschaft der Gegenselbwesenheit, und Offenbarsein eine Theileigenschaft der Vereinselbwesenheit ist.

4.

Hieraus ergeben sich unter andern auch folgende für die Lehre vom Geheimsein erstwesentliche Allgemeinsätze. -

  1. Da das Geheimsein und Offenbarsein blos außenbezügliche Eigenschaften sind, so ist bei jedem Gegenstande, sofern dessen Geheimheit und Offenbarkeit untersucht werden soll, zuförderst auf dessen Eigenwesenheit (Natur und Beschaffenheit) zu sehen, und daraus zu entscheiden: ob und inwiefern bei selbigem reine Selbwesenheit für das erjkennen das ist Geheimheit, oder vereinte Gegenselbwesenheit für das Erkennen, das ist Offenbarkeit, oder Beides zugleich, und in welchen Grenzen und Verhältnissen Beides, - für das Leben wesenlich, das ist gut und sittlich geboten sei. Also ist insbesondere auch hinsichts jeder gesellschaftlichen Werktätikeit zuerst zu untersuchen, welches deren Eigenwesenheit, und ob selbige an sich lebwesenlich, das ist, gut und sittlich geboten sei; und dann erst ist im Anschaun dieser ihrer Eigenwesenheit entscheidbar, ob und wiefern selbige nach außen und innen geheim oder offenbar, oder beides zugleich sein könne und solle. Denn das Erstwesenlich für den wollenden und handelnden Menschen ist überhaupt, also auch hinsichts des Geheimsein und Offenbarsein: daß er rein und ganz auf das Gute gerichtet seie, und daß er es daher auch bei jedem Gegenstande und für jedes Gebiet des Lebens, vor und noch ohne alle Hinsicht auf Geheimheit und Offenbarkeit, untersuche, ob dieser Gegenstand an und für sich lebwesenlich, das ist gut, seie; - dann wird ihm auch in und durch diese Einsicht offenbar werden, ob und inwieweit seine selbeigne, und seine gesellige Wirksamkeit dafür, offenbar oder geheim, oder Beides zugleich, sein sollen und können.

  2. Sofern beide, die reine und die vereinte Gegenselbwesenheit, in Wesen wesenlich, das ist: in Gott hgöttlich, sind: also sind auch beide, Geheimheit und Offenbarkeit, wesenlich; - jede nehmlich in ihrem eignen Gebiete, gemäß der Eigenwesenheit der Wesen, und ihrem Lebenstande nach Zeit und Orte. Beide daher, Geheimsein und Offenbarsein, sind, wenn sie auf einen einzelnen Gegenstand unbestimmt bezogen werden, im Unbestimmten weder zu billen, noch zu misbillgen, weder anzunehmen, noch zu verwerfen. Vielmehr sind beide, Geheimsein und Offenbarsein, wo sie begründet sind, wesenheitlich, wo sie nicht begründet, oder wo ihr Entgegengesetztes begründet ist, wesenheitwidrig; und im ersten Falle sind sie sittlich geboten, also befugt, im andern aber sittlich verboten, also unbefugt. - Beide, Geheimsein und Offenbarsein, bestehen im Leben Gottes und des Gliedbaues aller Wesen in Gott, zugleich, in mit und durcheinander. Mithin ist bei jedem Gegenstande mittelst der Anwendung der vorhin erklärten Urbegriffe der Geheimheit und der Offenbarkeit auf die Eigenwesenheit desselben, sofern selbit in sich selbst und in der Gesammtheit ihrer aüßeren Lebensbeziehungen erkannt wird, zu entscheiden: ob, wiefern, wie wo und wie lange bei Geheimheit oder Offenbarkeit, oder Beide, stattfinden sollen und können.

    Völlig Dasselbe gilt von dem Schweigen und Verschweigen, im Gegensatze mit dem Reden und Aussprechen; da diese beiden Beschaffenheiten nur Theilde und theilweise Aüßerungen der Geheimheit und der Offenbarkeit sind. Schweigsamkeit hinsichts Dessen, was und sofern es mit Fug geheim ist, sowie von der andern Seite Redsamkeit hinsichts Dessen, was und sofern es mit Fug offenbar ist, sind beide selbst wesenlich, sittlich geboten, und eine Aüßerung der Tuggend. Beide, die Kunst zu reden und zu schweigen, sind gut und schön, wenn sie auf wesenheitlichen, reinmenschlichen Gründen beruhen; und aus unlautern Gründen und Veeranlassungen, als da sind, eitle Hoffnung und Furcht, Vorgunst und Misgunst, Trägheit, Stolz und Eigensucht, soll weder etwas verschwiegen, noch ausgesprochen werden. Der Weise aber weiß und vermag, zu reden und zu schweigen.

  3. Ferner ist aus den mitgetheilten Gründen ersichtlich, daß Wahrhaftigkeit sowohl mit der befugten Geheimheit und dem befugten Geheimhalten, als auch mit der befugten Offenbarkeit und dem befugten Offenbaren vereinbar ist; und daß Beides nur dann mit der Forderung der Sittlichkeit übereinstimmt, wenn und sofern es mit Wahrhaftigkeit verbunden, ohne Lüge, Trug, Heuchelschein und Falschheit statt findet.

  4. Endlich ist auch offenbar: wie die beherzte und muthige, weisekluge Offenwirksamkeit für das Gute es nicht ausschließt, daß der reinsittliche Mensch auch im Stillen und im Geheimen, wo, wie, wann und soweit Geheimheit wesenheitlich, also befugt, ist, für dasselbe wirke. Denn für das Gute soll der Mensch in jedem Lebenkreise, auf jede wesengemäße Art, thätig sein.

5.

Ebenso zeigen sich mittelst der Urbegriffe des Geheimseins und Offenbarseins die besonderen Gründe, Bedingungen und Grenzen eines jeden von Beiden und der Vereinheit Beider.

  1. Geheimheit findet statt, sofern reine Selbwesenheit des Seins und Lebens, Offenheit aber, sofern vereinte Selbwesenheit wesentlich ist. Die allgemeinere Regel: bilde reines Selbleben, und vereintes Selbleben, und beide verein, nur wesengemäß und wesengliedbaugemäß, - gibt auf Geheimheit und Offenbarkeit angewandt, die besondere Regel: sei geheim und offenar, und Beides verein nur wesengemäß und wesengliedbaugemäß. Diese blos formliche Regel indes nur Inhalt und Lebenanwendbarkeit gewinnen in und durch die Einsicht in den Gliedbau der Wesen und des Lebens in Gott, das ist, nur in und durch Wissenschaft, welche in Geist und Gemüth aufgenommen ist, und von dem Vernünftigen in Weisheit angewandt wird, um Willen und Ausführung zu bestimmen und zu leiten.

  2. was nur zudem reinen Selbleben eines endlichen Wesens, oder auch zu der reinen Selbheit des Vereinlebens der Wesen eigenleblich gehört, so daß es, und sofern es, nicht Vereinheit der Wesenheit weder für die Vollendung dieses innern Lebens selbst, noch für die Vollendung des aüßern Selblebens fordert: Dieses ist, insofern, seiner Eigenwesenheit nach, für andere endliche Wesen, sofern sie außerhalb dieses Selblebenkreises sind, geheim; es ist Keuschheit, dasselbe geheim zu halten, aber Frechheit und Unverschämtheit, es zu offenbaren, dern es ist, in steigender Beziehung, reinsittlich, schön, gerecht, und gottähnlich, daß dasselbe geheim gelebt werde. Daher ist Gottinnigkeit, Ehethum und Freundschaft, und überhaupt jedes Verhältniß selbeigenleblicher (persönlicher) Liebe, innerhalb der soeben allgemein ausgesprochnen Grenze, ein wesenliches Gebiet des Geheimen.

  3. Dagegen ist alles Lebwesenliche, das ist: alles Gute, auf jedem Lebengebiete seiner Eigenwesenheit (Natur) nach offenbar und zu offenbarend, sofern es eben seiner Eigenwesenheit nach Vereinwesenheit des Lebens fordert. So ist den Ehegenossen und den Freunden alles offenbar, was ihrer Ehe und Freundschaft wesenlich ist. Ebenso Alles, was dem Leben eines Volkes, als solchem, wesenlich ist, Das ist bestimmt, dem ganzen Volke, und Allen und Jedem im Volke, offenbar zu sein und zu werden; und Was dem Leben der Menschheit als ganzer Menschheit, und jedem Einselmenschen im Allgemeinen als Menschen und als Gliede der Menschheit eigenwesenlich ist, Das soll der ganzen Menschheit, und jedem Einselmenschen in ihr, offenbar sein und werden, weil es nur unter dieser Bedingung dargelebt werden, und im Leben vollgedeihen kann.

  4. Und für den Einselmenschen entspringen hieraus die Lebensregeln: sei in dir selbst, in deinem reinen Selbleben, wesenheitgemäß und wesenähnlich in Schaun, Fühlen, Wollen und Thun; strebe zugleich, in Maßgabe deines eignen reinen Selbleben, und der Gesammtheit aller deiner aüßeren Lebenverhältnisse nach wesenheitgemäßem, Wesen ähnlichem Vereinleben; bilde dir, soviel hiezu von deiner Mitwirkung abhangt, deine Lebenkreise in Ehethum, Freundschaft, Freigeselligkeit und Berufgeselligkeit, als Glied deines Standes, Wohnortes, Stammes, Volkes, deiner Menschheit, als Glied des Wesengliedbaues in Wesen, zuhöchst als Endwesen in Wesen - selbst wesenheitgemäß und Wesen ähnlich; und dem gemäß bestimme dann auch die Kreise deines Geheimlebens und deines Offenbarlebens nach dem Grundsatze: du bist unmittelbar Gott, und in Gott der Menschheit, verpflichtet, alles Das den Menschen, und andern endlichen Wesen, geheim zu halten oder zu offenbaren, was du nach obigen Gründen für geeignet erkennest, daß es geheim oder offenbar sei und gelebt werde.

6.

Auch die Rechtgemäßheit des Geheimseins sowohl, als de Offenbarseins ist nach ebendiesen Grundsätzen in jedem Falle zu entscheiden. Das nach selbigen befugte Geheimsein und Geheimhalten, sowie auch das befugte Offenbarsein und Offenbaren, ist rechtmäßig; das unbefugte dagegen ist rechtwidrig. Denn das Eine Recht ist der Gliedbau aller wechselseitigen aüßeren Bedingnisse des wesenheitgemäßen Selblebens und Vereinlebens aller Wesen in Wesen, das ist: in Gott; und insbesondere das innere Menschheitrecht ist der Gliedbau aller wechselseitigen aüßeren Bedingnisse, daß alle Menschen, und alle Vereine der Menschen, Eine wesengemäße, wesenähnliche, in sich gliedbauliche (organische) Menschheit seien, und als solche leben. Dem Menschheitleben aber als Ganzem, und in allen seinen innern Lebenkreisen, ist auch sowohl reine Selbheit als vereinte Selbheit, mithin auch sowohl das befugte Geheimsein, als das befugte Offenbarsein, wesenlich: daher sind die aüßeren wechselseitigen Bedingnisse des befugten Geheimseins und Offenbarseins ein bestimmter Theilgliedbau des Gliedbaues des Einen innern Menschheitrechtes; das ist: sie sind ein einselnes besonderes Recht, welche, nach den hier erklärten Urbegriffen und Grundsätzen über Geheimheit und Offenbarkeit, im Gliedbaue des Einen Rechtes entfaltet wird.

Hier ist indeß der wichtige Satz bemerkwerth, der sich in der Rechtlehre über Geheimheit und Offenbarkeit ergiebt: daß es eine einselne, wesenheitliche Rechtangelegenheit der menscheit selbst, und aller in ihr enthaltenen gesellschaftlichen Ganzen, das ist, jedes Volkes, Stammes, Standes, jedes Ehethumes jedes Freundthumes, ja jedes Einselmenschen insonderheit ist, daß die Grenzen des befugten Geheimseins und Offenbarseins nicht verletzt werden, daß also auch auf jedem Gebiete des Lebens weder unbefugtes Geheimsein und Geheimhalten, noch unbefugtes Offenbarsein und Offenbaren stattfinde. Auch ergiebt sich hier für jeden Einselmenschen der Rechtsatz: daß er in allen Dingen Gott und der Menschheit unmittelbar und unauflöslich zu Recht verbunden seie, Das geheim zu halten, und Das zu offenbaren, Was, soweit und in welchem Kreise es, nach den vorhin erklärten Gründen, geheim oder offenbar zu sein geeignet ist.

7

Zu diesen allgemeinen Grundsätzen über Gehemheit und Offenbarkeit kommen nun noch diejenigen, welche aus der Weltbeschränkung aller endlichenl lebenden Wesen (Endlebwesen) hervorgehn.

  1. Da in allgemeinmenschlichen Dingen kein Mensch gänzlich unwissend ist, indem vielmehr eine Ahnung des Wesenlichen jedem Menschen inwohnet, so ist es möglich, daß der Mensch viele ihm dargebotne allgemeine Wahrheiten, ohne sie in ihren Gründen zu durchdringen, und ganz zu erkennen, dennoch als Ergebniß der wissenschaftlichen Forschung Anderer insoweit erfasse, daß sein Geist und Herz davon ergriflIen und bewegt, und sein Wollen und Handeln danach bestimmt werde. Ich könnte viele Glieder einer in sich unendlichfach unendlichen Reihe von Einselwahrheiten anführen, welche, außerhalb des Ganzen der Wissenschaft ausgesprochen, und. von noch nicht wissenschaftlichen Menschen bloß als Ergebnis erfasset, dann mit Irrthümern und Leidenschaften im unreinen Vereine, eine gefahrvolle Begeisterung erzeugen, und indem sie die ingeistige (intellectuelle) Möglichkeit zu Übeln und Gebrechen vollenden, dazu gemißbraucht werden, um in voreiliger, unrichtiger, und und nichtreinsittlicher, kurz, um in wesenwidriger, Anwendung das Leben zu zerrütten. Je mehr sich nun das Wissen des Menschen reiniget, erhebet und gliedbildet, jemehr der Mensch zu Erkenntniß des Wissenschaftgliedbaues, den ist, zu Wesenschaun und Wesengliedbauschaun, gelangt, desto mehre und desto höhere solche Wahrheiten sieht er dann ein, die wegen der jetzt noch bestehenden Weltbeschränkung des Menschheitlebens nur mit Weisheit mitgetheilt werden können und sollen. Der weseninnige und wesenschauige Wissenschaftforscher ist redlich bestrebt die Kunstgesetze weiser Mittheilung und Darlebung der Wahrheit zu erforschen, und sie Andern zu lehren; - er wird sowohl die Stunde weisen Schweigens und stillen Wirkens für das Gute, als auch die heilige Feierstunde erkennen, wo er berufen ist, durch Offenbekenntniß der Wahrheit, und durch Offenwirksamkeit für das Gute, Gottes Zeue in Schmerz und Tod zu sein.

    Insonderheit erkennt der wesenforschende Weise: daß die Ausbildung des Einen Wissenschaftgliedbaues in wesengemäßer Wissenschaftsprache, und die offenkundige Mittheilung desselben, sowie an sich selbst ein erstwesenlicher Theil der Bestimmung der Menschheit, also auch zugleich ein erstwesenliches Bedingniß und Mittel ist, die Menschen von der Weltbeschränkung überhaupt und zugleich auch hinsichts der Mittheilung, Erfassung, und wesengemäßen Darlebung der Wahrheit, zu erlösen. - Denn im werdenden Wissenschaftgliedbaue wird auch Dieses immer mehr und immer volkommner geleistet werden: daß jede Einselwahrheit an ihrer richtigen Stelle, als wohlgeordnetes Glied des Ganzen, im vollen Lichte des Ganzen und aller anderen Glieder erscheine, und von Jedem ganz und rein verstanden und erfaßt werde, der bis zu ihr in Druchschauung des Wissenschaftgliedbaues gekommen ist; und daß jede Einselwahrheit ohne gliedbauliches und gesetzfolgliches Durchforschen und Verstehen des ganzen Wissenschaftgliedbaues entweder gar nicht, oder nur insoweit, erfaßt und verstanden werden könne, als der Erfassende zugleich vor falscher Anwendung derselben gesichert worden ist. Daß und wie Dieses zu leisten, sehe ich mit Klarheit ein, und habe es zum Theil anderwärts bereits wissenschaftlich entwikkelt. Der Gliedbau der Wissenschaft, sowie dersebe nach seinem Urbegriffe und Urbilde vor dem Auge meines Geistes steht, ist ein so vollwenliches, vollkommnes, Gott selbst so ähnliches, Ganze, daß, wenn erst derselbe in einem, dem Erstwesenlich nach gelungnen, Versuche in der Menschheit eines Himmelwohnortes da ist, dann jeder Jüngling, indem er ihn zuerst erblickt, unwiederstehlich zu Erforschung desselben durch die Gotteskraft der Wahrheit und der Schönheit, angezogen wird; und zugleich ist dieser Gliedbau erziehkunstlich und lebenkunstlich also angeordnet, daß mit dem gesetzmäßig fortschreitenden Forschen zugleich auch die Kraft und Fähigkeit der Forschung gestärkt und gebildet wird, und daß der Forschende mit der steigenden Erkenntniß der Wahrheit zugleich auch die Lebenkunstweisheit, dieselbe mitzutheilen und darzuleben, stufenweis gewinnt.

    Noch ehe der Wiossenschaftforscher dahin gelangt, den Wissenschaftgliedbau, soweit er ihn selbst schon gebildet hat und überschaut, offenkundig darzustellen, sowie auch nachher, erkennt derselbe die Verpflichtung an: die reinen Urbegriffe und Urbilder (Ideen und Ideale) aller die Menschheit, und den Menschen als Menschen, angehenden Dinge in ihrer reinen, ewigen Wesenheit offenkundig also darzustellen, daß die Vorbereiteten im Volke es zu verstehen vermögen, die Unvorbereiteten aber seine Mittheilungen für unbedeutend oder für traümerisch halten, mithin auch die dargebone Wahrheit nicht misbrachen können. Und zugleich bemüht er sich, schon in diesen für dei Vorbereiteten im Volke bestimmten reinurbegrifflichen und urbildlichen (idealen) Darstellungen auch das Verhältnis der ewigen Wahrheit zu der geschichtlichen, das ist der Urbegriffe und Urbilder zu dem Leben, mitzutheilen, und die Kunstgesetze auszusprechen, wonach das Menschheitleben durch reinsittliche, gesetzliche und liebefriedliche Mittel, ohne Gewaltthat jeder Art, als Ganzes und nach allen seinen innern Gliedern und Vereinen derselben, wesenähnlich ausgebildet wird. Und so werden auch die volkverständlichen, außerhalb des Wissenschaftgliedbaues gegebnen darstellungen des Gottinnig-Weisen über das Heilige der Menschheit, nur nutzen, nie und in keiner Hinsicht schaden.

  2. Ein Ähnliches gilt von dem in der Weltbeschränkung befangenen Wollen und Wirken des Menschen, sowohl eines jeden für sich allein, als auch mehrer in Gesellschaft. - Hinsichts aller solchen Gegenstände, wofür, und sofern dafür, nur erst im Geheimen wirksam zu sein weise und rechtmäßig ist, bieten sich dem reinsittlich gesinnten Menschen, einsig nur in seinem eignen Selbleben im Heiligthume seines eignen Herzens, und im Ehethume und der selbeigenleblichen (persönlichen) Freundschaft, geweihete, und vor Entweihung sicherbare Kreise der befugten Geheimwirksamkeit dar: denn nur in diesen, die Menschen mit ihrem ganzen Eigenleben vereinenden Kreisen der Ehe und der Freundschaft ist es möglich, daß sich Menschen als ganze Menschen in inniger, durch selbeigenlebliche (persönliche) Liebe gesicherter Vertraulichkeit für dasjenige Gute vereinigen, welches und sofern es in der gegenwärtigen Weltbeschränkung in freigeselliger, mithin ofner, Wirksamkeit nicht erstrebt und gebildet werden kann.

    Erhält aber ein gottinniger Wahrheitforscher in seinem Eigenleben den bestimmten Beruf, zu Höherbildung irgend eines Gesellschaftsvereines zu wirken, so erkennt er es als das Zunächst-Wesenlich: daß er den Urbegriff und das Urbild des Vereines in der Würde und Stille der ewigen Wahrheit darstelle; dann in treuer Schichtforschung auch das Geschichtbild des Vereines entfalte, und dasselbe, es nach dem Urbegriffe und Urbilde würdigend, zu dem jetzt gültigen Musterbilde des Vereines weitergestalte. Dieses Alles theilet er dann dem ganzen Vereine auf gesetzlichem Wege, zu allgemeiner Beschauung, und zu eigener selbthätiger Prüfung eines jeden Gemeindegliedes mit; er erwartet dabei das Gedeihen von der göttlichen Macht der dargebotnen Wahrheit, von der ewigjugendlichen Kraft der Menschheit, und zuhöchst von dem Beistande Gottes nach Gottes heiligem Willen. Zu Ausbreitung seiner Lehre bedient er sich keines blos aüßerlichen Mittels, er vermeidet Zwang jeder Art, - rein Überredeung und Parteiung bietet er zu jeder gesetzlichen Mitwirksamkeit für das Gute und für die Vervollkommnung des Vereines die Bruderhand: und was ihm auch der Verein für seine Bemühungen erwiedern möge, sein Herz bewahrt Liebe, sein Gemüth stehet in Ruhe, sein Geist bleibt in der Wahrheit, und sein Gewissen sagt ihm, daß er wohlgetan.

  3. Auch in Sachen, deren Eigenwesenheit unter jeden, oder doch unter den bereits gegebnen Umständen, Offenbarkeit des Denkens und Handelns gestattet und fordert, werden die Menschen in der Weltbeschränkung zu unbefugtem und nachtheiligem Verhehlen verleitet vermöge ihrer beschränkten Einsicht, oder auch durch ihre irregeleiteten, oder eigensüchtigen, Triebe und Neigungen. Sofern nun der Einselmensch, und einselne Gesellschaftvereine, auch innerhalb der Grenzen einer unbefugten Geheimheit, dennoch Lebwesenliches, das ist Gutes Schönes, wirklich leisten, ist Dieses anzuerkennen, und zu fördern; allein von der andern Seite soll auch die Verderbniß, und die Schwächung, und Hemmung des Guten, welche durch das unbefugte Geheimsein, entstehn, anerkannt, und von Denen, welche diese Einsicht gewonnen haben, offen dargelegt werden. Die Einsichtigen aber sind verpflichtet, durch alle menschheitwürdige, reinsittliche und liebefriedliche Mittel dahin zu wirken, daß das unbefugte, mithin dem Gedeihn des Guten hinderliche, Geheimsein und Geheimhalten überall entfernt werde.

  4. Reine Vernunft und Geschichte bestätigen den Lehrsatz: je wesenheitlicher, gottähnlicher, reifer, das Menschheitleben heranwächst als Ganzes und als Gliedbau nach allen seinen Gliedern und Theilen, desto mehr verschwindet in ihm das unbefugte Geheimsein, und desto mehr wächst dagegen das befugte Offenbarsein in allen denjenigen menschlichen Dingen, welche, und sofern sie ihrer Eigenwesenheit nach, und gemäß dem Urbegriffe und Urbilde der Menschheit und ihres Lebens, und zugleich nach dem jederzeitigen Lebenstande dieser dieser Erdmenschheit, freigesellige Offenbarkeit und Offenheit fordern, weil sie nur so die auf Erden möglicho Vollwesenheit (Vollkommenheit) erlangen können.

8.

In dem Urbegriffe und Urbilde der Menschheit und ihren Lebens wird erkannt, und ich habe es in dieser Schrift gezeigt und bewiesen: daß Alles, was und sofern es die ganze Menschheit als Gesellschaft aller Einselmenschen, und was alle Einselmenschen rein als Menschen, über und vor aller Gegenheit und eigenleblichen Verschiedenheit der Einselmenschen angeht, - daß alles Dieses seiner Wesenheit nach freigesellschaftliches Vereinwirken, folglich auch die Form freigeselliger Offenheit erfordert; - so die Wissenschaft, die Kunst, das Recht, die Tugend, die Gottinnigkeit, und das Urleben der Menschheit im Menschheitbunde. Wer also zu dieser Einsicht gelanget, Der ist verpflichtet, auf menschheitwürdige Weise, durch reinsittliche, gerechte und liebefriedliche Mittel dahin zu wirken: daß die allgemeinen, alle Menschen zu umfassen bestimmten geselligen Vereine, welche auf jene Wesenheiten des Menschheitlebens gerichtet sind, jene ihnen allein vollgemäße Form der freigeselligen Offenbarkeit und Offenheit immer mehr angewinnen, und von unbefugtem Geheimsein und Verhelen immer freier werden.

Zwar ist ferner füir alle, allgemeinmenschlichen Dingen gewidmete Vereine die freigesellige, alle Menschen zu umfassen bestimmte, rein offenbare Wirksamkeit die erst- und höchstwesenliche: allein zugleich kann und soll auch für alle diese wesenlichen Zwekke des Menschheitlebens in allen untergeordneten und eigenleblichen Kreisen, vorzüglich in denen der Freundschaft und des Ehethumes, zumeist aber in der stillen Selbheit des eignen Geistes und Herzens eines Jeden, gewirkt werden. Wo nun freigesellige, offenbare und und ofne Wirksamkeit für einen wesenlichen Theil des Menschheitlebens, der Weltbeschränkung wegen, noch nicht möglich ist, da und dann wird derselbe durch befugtes Geheim-Wirken der Einselmenschen, sowie der Freundschaften und Ehethümer, begonnen und für die einst offenbare, freigesellige Wirksamkeit vorbereitet, ja sogar zuweilen durch freigeselliges, noch mit unbefugtem Geheimhaalten behaftetes Wirken theilweis gefördert. Sowie aber die Menschheit in irgend einer die ganze Menscheit, und jeden Menschen als Menschen als Inglied der Menschheit angehenden, Wesenheit zu offner freigeselliger Vereinswirksamkeit gelangt, so gewinnt diese Angelegenheit urneue Kraft und höheres Gedeihen; und insbesondre wird dann auch Dieses erreicht: daß geistverwandte, eigenleblich verbundne Menschen, mittelst des allgemeinen freigeselligen Vereines, auch für alle untergeordnete Kreise enger und engster Vertraulichkeit, umso leichter, ja unfehlbar, sich erkennen und vereinen, um für die allgemeinen Angelegenheiten und Güter der Menschheit zugleich im Stillen und Geheimen zu wirken, und um sodann, soweit möglich, die Früchtee ihrer eigenleblichen Wirksamkeit demn allgemeinen, offnen Menschenvereine, der dieser Angelegenheit gewidmet ist, zum allgemeinsamen Nutzen und weiteren Vereinwirken darzubringen. - Offenbare und ofne freigesellige Wirksamkeit für jeden der Menschheit und jeden Menschen als Menschen wesenlichen Lebenzweck fördert zugleich die offne und die befugt geheime Wirksamkeit dafür in jedem untergeordneten Kreise, und verhütet dabei oder heilet jedes unbefugte Geheimwirken. Und wann erst der Menschheitbund, als der freigesellige Urlebenverein für das gesammte Menschheitleben, wovon ich die nirgendwo auf Erden vorgefundne, nirgendher erlernte oder entlehnte, in eigner Forschung geschöpfte Lehre mit vollem Fug und Rechte allen Menschen offen verkündige, in dem Leben dieser Menschheit sich entfalten wird, so wird derselbe zugleich auch das höchste und allgemeinste Lebengebiet sein, und es immer mehr werden, wo gleichgestimmte Seelen, und gottgeweihete Herzen, sich sicher finden und erkennen, um die heiligen Kreise der Ehe und Freundschaft zu bilden, und worin die Freunde Gottes und der Menschheit sich in jeder Stufe den herzinnigtreuen Vertraulichkeit vereinen mögen, um in beigefugtem Geheimsein, sowie in befugtem offenkundigem Wirken, die Sache Gottes in dem Leben der Menschheit auf Erden zu fördern. Doch selbst in den den Kreisen der innigsten Vertraulichkeit und Liebetreue wird das Geheimsein und Geheimleben in rein und allgemeinmenschlichen Angelegenheiten immer weniger erforderlich werden, und wo immer im Weltall eine Theilmenschheit mit Gottes Hülfe ihr reifes Alter in blühenden, gesundem Leben erreicht, da wird das Geheimsein in allgemeinmenschlichen Dingen mit der Weltbeschränkung selbst endlich ganz verschwinden.

* * *

Dieses sind die, hier blos angedeuteten Grundsätze über Geheimheit und Offenbarkeit, in deren wissenschaflicher Erkenntniß ich seit dem Jahre 1808, wo ich zu Höherbildung der Freimaurerbrüderschaft zu wirken begann, insonderheit auch zu Befreiung derselben von unbefugtem Geheimsein zu wirken bestrebt bin. Dieselben Grundsätze erkenne ich noch jetzt als die meinigen an, und sie werden auch in Zukunft mein Verhalten gegen die Freimaurerbrüderschaft, sofern sie noch jetzt, ihrem geschichtlichen Musterbilde zuwider, eine Geheimgesellschaft ist, unabänderlich bestimmen.


Dresden, am 2ten Julius 1821.


       Karl Christian Friedrich Kause.





Anmerkungen

Anmerkung 1: Unter dem Offenbaren pflegt man das für das Erkennen Offne zu verstehen; so daß Offenbarkeit (Kundbarkeit) nur ein Theil ist der ganzen Offenheit oder des ganzen Offenseins.

Anmerkung 2: Sinnvoll ist die Verwandtschaft von heim mit ahm, gam, , gaum, und keim, welches Letztere das zusammengezogne geheim selbst zu sein scheint; - denn jeder Keim ist geheim. Und jedes wesenliche Geheime ein Keim.

Anmerkung 3: Denn hehl ist derselbe Urling, wovon (ganz) und solus (allein), und unser deutsches Wort hohl kommen.