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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Grundlehren über den Menschheitbund

Betrachtungen des Philosophen und Freimaurers Karl Christian Friedrich Krause

(Zitiert nach der dritten Ausgabe (Neuausgabe 1849) "Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft", erster Band, Vorbericht der ersten Ausgabe, Seiten III - XXVIII)

Grundlehren über den Menschheitbund und das Verhältnis desselben zur Freimaurerei und zur Freimaurerbrüderschaft

Wir leben in einer Zeit der Wiedergeburt, oder vielmehr der Neugeburt. Die Menschheit erwacht zu neuem Leben. Ein höherer Staatenverein beginnt, wirklich zu werden, und zuerst die europäischen Völker in Einem Ganzen zu umfassen. Der geselligen Gottinnigkeit ist eine höhere Vollendung, ein völlig neues Leben durch die reifere Ausbildung der Wissenschaft und der Kunst bereitet. Wissenschaft und Kunst, diese beiden Grundwerke der Menschheit, gewinnen in den letzten Jahrzehnden, vorzüglich in Deutschland, neue Kraft und schönere Gestalt. Das häusliche Leben hat sich durch alle Stände veredelt. Und alle diese Bestrebungen sehen wir in immer freierer und schönerer Wechselwirkung sich inniger vereinen.

Die meisten und die edelsten Völker Europa's streben jetzt im Staate, in der Kirche, in Wissenschaft und Kunst, sowie üerhaupt in allen geselligen Vereinen, und in allen menschlichen Dingen, mehr, als je, nach Einheit und Ganzheit, nach organischer Ausbildung und harmonischem Wechselleben. Die Idee des Einen Ganzen, der Einheit und der harmonischen Organisation aller Seiner Theile in, mit und durch einander und durch das Ganze, wird, als die Uridee Gottes, der Welt und der Menschheit, immer klarer erkannt, inuner reiner geliebt, und immer mehr zum Gesetz aller menschlichen Wirksamkeit erhoben. - Die Menschheit selbst und ihr Leben wird immer mehr als ein organisches Ganzes betrachtet, und alle menschliche Dinge als untergeordnete Theile dieses Ganzen, in Harmonic unter unter sich und mit dem Ganzen, gebildet.

Dieß ist der eilgenthümliche Geist unseres Zeitalters; er erhebt es weit über alle vorhergehende, und läßt schon für die nächste Zukunft schöne Früchte hoffen.

Das Erwachen dieses Geistes der Einheit und der harmonischen Organisation bezeichnet den Eintritt eines neuen Lebensalters der Menschheit auf Erden; - in ihm wird die Menschheit die volle Blüthe ihres harmonischen Lebens beginnen; in ihm wird alles Menschliche froh gedeihn, und sich allseitig vollenden.

So oft nundas Licht einer neuen Idee alle menschlichen Dinge erhellte; so oft ein höherer Geist alle Bestrebungen der Menschheit durchdrang, und in alles Bestehende erhebend und veredelnd einwirkte, so oft trat auch ein völlig neuer, zuvor nur leise geahneter, und durch stille Vorzeichen angekündigter Bund, wie ein neues Glied und Organ, im Menschheitleben hervor; als die eigenthümliche Frucht jedes neuen Strebens, als das schönste Kleinod jeder neuen Zeit.

Doch in der Ausbildung eines lebendigen Wesens geschieht Nichts plötzlich und unvorbereitet; - auch in das frühere Menschheitleben legt Gott stille Keime und unscheinbare Anfänge schönerer Zukunft nieder. Wer von ewigen Wahrheiten und zugleich voll der Lebengeschichte der Menschheit erIeuchtet und erwärmt ist, nur Der kann diese Keime bemerken und sie als Winke der ewigen Liebe und Weisheit verehren.

In diesem großen, sinnvollen Gange bleibt sich die zeitliche Entwikkelung der Menschheit, obschon an Kraft und Gestalt immer neu, doch ewig gleich. Auch der jetzt erwachte Geist des Ganzen, der Einheit umt der harmonischen Organisation aller Dinge wird ein neues Glied des Menschheitlebens schaffen, und, es auszubilden, freudig beginnen. Sowie alles Menschliche nur in Gesellschaft gedeiht, so wird der höhere Zeitgeist auch für diesen neu sich bildenden Theil des Menschheitlebens einen neuen Bund erwekken, welcher, zuvor nur Erden nie gesehen, sich an die Reihe der älteren, schon theilweis atugebildeten, geselligen Vereine friedlich anschließt, und sie Alle mit seiner Kraft veredelnd und verstärkend durchdringt, - den erwachten Geist des neuen harmonischen Menschheitalters festhält, und selbst die höchste Thätigkeit, sowie zugleich das höchste Werk desselben, sein Wirken mit bewußter Kunst leitet, und das Eigenthümliche dieses Zeitalters immer gesunder, kräftiger und schöner ausführt.

Soll sich nun die Menschheit in diesem neuen Geiste im innigerem und harmonischerem Lehen erheben, so muß ihr das ewige Licht der Ideen vorleuchten; so muß sie, in klarem Bewußtsein Dessen, was sie auf Erden war, und ist, und sein soll, das Beste wählen, lieben, wollen. - Denn alles Wirkliche nach Ideen, als nach seinen ewigen Urbildern, mit freier Kunst zu bilden, ist aller freien Geister Eigenthum. Nur wenn das Wirkliche all sein ewiges Urbild gehalten, und ihm mit weiser Kunst verähnlicht wird, nur dann können schon bestehende gesellige Institute verbessert und neubelebt werden. Soll mithin das lebende Geschlecht einen neuen, wesenlichen Bund günden, soll es die dazu vorhandnen Kräfte und einzelnen Keime erhalten und stärken, so müssen die Menschen zuerst das ewige Urbild dieses Bundes, - seine Idee, als das unwandelbar Wesenliche desselben, erkennen, diese Idee auf das wirkliche, gegenwärtige Leben anwenden, und ihr gemäß die neue Schöpfung weise und kunstreich beginnen.

Dieß wesenliche, neue Glied des Menschheitlebens, welches am Anfange des dritten Hauptalters der Menschheitlebens auf Erden gebildet werden soll, habe ich, mit Hülfe der Menschheit, erkannt; ich erkenne den wesenlichen Werth und Zusammenhang desselben mit allem Menschlichen; und seine stillen Keime in Vorzeit und Gegenwart sind meinem Herzen theuer. - Nur im Anschaun dieser Idee ist mir auch die Freimaurerbrüderschaft theuer und werth; in ihrem Anschaun habe ich dieß mein Buch geschrieben; sie ist der Grund, worin alle meine Überzeugungen über die Brüderschaft ruhen, und wodurch alle einzelne Aussprüche derselben Sinn und höhere Bedeutung erhalten.

Welcher von meinen Lesern sollte gleichgültig bleiben, wenn ich hier die Idee des großen Bundes, der da kommen soll, in ihrem Grundwesen verkünde? - welcher Bruder Freimaurer kalt und ungerührt, wenn ihm das große Räthsel unseres Bruderbundes, an dem er mit Liehe und mit Treue hält, hier gelöst, wenn ihm hier die schönsten Aussichten in die Zukunft eröffnet werden?


Idee des Menschheitbundes. - Aufforderung, ihn zu schließen.

Die Ideen aller einzelnen Theile der Menschheitbestimmung sind, wenigstens theilweis, erkannt, und fast allen ist schon ein ofnes, geselliges Streben gewidmet. Die Uridee Gottes und des Lebens der Menschheit in Gott ist die Seele aller die ewige Idee des Rechtes, und des Lebens in ihr, ist der Gegenstand der Staaten; die Idee einer harmonischen und organischen Erkenntniß, als einer treuen Abspieglung Gottes Und seiner Welt im Geiste, belebt jeden echten Wissenschaftforscher, und die Idee der Darstellung Gottes und des Ganzlebens der Welt in endlichen Dingen beseelt jeden wahren Künstler; endlich die Idee der Lebenvereinigung der Einzellnen in eine immer höhere Person, wie in einen immer höheren Menschen, kettet die Familien und Freundschaften, verbündet die Stände, Stämme und Völker zu höheren Lebenganzen der Menschheit.

Zwar sind Staat und Kirche, Wissenschaft und Kunst noch unvollendet in sich selbst; zwar haben sie untereinander noch nicht die wahrhaft geselligen Lebenverhältnisse geschlossen; beiweitem der geringerzahlige Theil der Menschheit ist für diese Ideen erwacht und gereift, und noch keine dieser Bestrebungen, noch keine ihnen gewidmete Gesellschaft, umfaßt jetzt schon in der That und Wahrheit die ganze Menschheit, oder auch nur die Mehrzahl der Menschen; ein allgemeiner Bund für Wissenschaft und Kunst ist noch nicht geschlossen; ja selbst seine Idee ist noch nicht an's Licht gebracht; das häusliche Leben, die Freundschaft und die freie Geselligkeit erwarten noch ihre schönste, wesenlichste Veredlung. - Doch ist in allen diesen Bestrebungen ein edlerer, kräftigerer und geselligerer Geist jetzt aufgelebt; die ihnen gewidmeten Vereine werden ein jeder in sich selbst reiner, und alle neigen sich bei den gebildeteren Völkern Europa's mehr, als je, zu friedlicher Wechselwirkung zusammen.

So ist fast für alle einzelnen Theile der Menschheitbestimmung auf dieser Erde wenigstens zum Theil, wenigstens unter einigen Völkern, gesorgt, und ein geselligen Streben für sie lebendig: nur die Idee des ganzen, ungetheilten Lebens der Menschheit, als Einer Person, in allen ihren Gliedern, und Kräften und Werken, ist noch nicht an's Licht gebracht, das Bewußtsein derselben noch nicht entzündet; und diese höchste aller menschlichen Ideen ist, rein, und ganz, und unmittelbar, auf dieser Erde noch nirgend und niemals die Seele eines ihr unmittelbar gewidmeten geselligen Vereines geworden. Doch, daß Dieß werde, dazu ist jetzt Vieles vorbereitet; der edlere Zeitgeist wirkt sichtbar dahin, daß der bessere Theil der Menschheit diese Idee erkenne, liebe, zum Gesetz alles Lebens erhebe; daß ein neuer Bund für diese wesenlichste aller menschlichen Ideen das höchste gesellige Werk der nun gereifteren Völker dieser Erde werde. - Mit Vertrauen auf die Jugendkraft der Menschheit spreche ich hier die hohe Forderung aus: der wesenliche Bund soll zu den bestehenden geselligen Vereinen noch auf Erden wirklich werden, welcher, als der Eine Menschheitbund, die ganze menschliche Natur und Bestimmung, sowie die ganze Menschheit und alle ihre Glieder, zugleich als Ein Ganzes, und zwar als ein wohlgliedertes, gesundes, starkes und schönes Ganzes, umfaßt. - Sein ist nach denl ewigen Ideen des organischen Lebens, der Gerechtigkeit, Liebe, Güte und Schönheit gebildet; alle seine Theile sind dem Ganzen ähnlich, und so unter sich, wie mit dem Ganzen, und mit dem ganzen Menschheitleben und allen seinen Theilen, in friedlicher, segenvoller Harmonie.

Das eingenthümliche Wesen und Gebiet Menschheitbundes giebt sich bestimmt und deutlich dadurch zu erkennen, daß er die ganze als ganze Menschennatur als ganze Menschheit rein als Menschheit und als Eine Person, in ihrem ganzen Leben als ganzem Leben, gleichsam vor und über der inneren Theilung in einzelne Personen, Glieder und Kräfte, umfaßt. - Ebendadurch unterscheidet er sich zugleich wesenlich und unverkennhar voll allen andern geselligen Vereinen. Vermöge seines allumfassenden, ganzen und unzertheilbaren Wesens, ist er, in Ansehung der Menschheit, der höchste gesellige Verein. Sofern der Gottinnigkeitband auf der Gott, Welt und Menschheit umfassenden Idee des Einen Gottreiches beruht und in ihr lebt, ist er höher, als der Menschheitbund. Der Staat, sofern dieser auf doe ewige, allumfassende Idee des Rechtes gegründet, und rein auf sie gerichtet ist, ist ebenfalls ein Höchstes seiner Art, und insofern keinem anderen geselligen Vereine untergeordnet. Inwieweit dagegen Staat und Kirche ihre Ideen nur durch Menschen darstellen, und insofern diese Darstellung nur durch einzelne, einseitig gerichtete, Kräfte des Geistes und des Gemüthes bewirkt wird, insoweit treten sie als einzelne, dem Ganzen, untergeordnete, Theile in das Menschheitleben ein, welches, als ganzes, ungetheiltes Leben, nur der Menschheitbund, umfaßt.

Dieser das ganze Wesen der Menschheit umfassende Bund leistet auf seinem eigenthümlichen Gebiete, Was keine einzelne menschliche Bestrebung, Was auch weder Staat, noch Kirche, leisten kann. Denn er bildet die ganze Menschennatur zu harmonischen Lebensganzen durch die in Einen Bund vereinigte Menschheit der ganzen Erde. Dieß aber kann weder Staat, noch Kirche, noch sonst ein geselliges Institut, noch auch alle in ihrer Harmonie, bewirken; wohl aber in einzelnen Tlieilen es befördern. - Daher ist der Menschheitbund nicht etwa ein vorübergehendes Ersatzmittel Dessen, was Staat und. Kirche, was Wissenschaft und. Kunst, was Familien und Freundschaften, was Stand-, Stamm- und Völkerverbindungen auf ihrem eigenthüntlichen Gebiete bisjetzt noch nicht leisten; er betreibt vielmehr sein eigenthümliches Werk, und überläßst es allen einzelnen Instituten, ihre inneren Mängel aus eignen Kräften, und nach ihren eignen Gesetzen, zu verbessern; er mischt sich nicht in die innern Angelegenheiten des Staates, der Kirche, der Wissenschaft- und der Kunstvereine, noch auch der Familien- und der Freundschaftverbindungen. Zwar kann er, als Ganzbund der Menschheit, nicht geben, Was alle einzelne Institute, als die einzelnen inneren Theile des Menschheitlebens, jedes auf seinem Gebiete, und in ihrer, wiewohl selbst nur durch den Menschheitbund zu bewirkenden, Harmonie, zu geben bestimmt sind; aber sie Alle vermögen es ohne ihn nicht, sich selbst, vielweniger die ganze Menschheit, zu vollenden.

Die Werkthätigkeit des Menschheitbundes erhält, reinigt, versammelt alles Menschliche, und setzt es in harmonische Wechselwirkung. Alles Gute und Schöne, was in Wissenschaft und Kunst, in Freundschaft und Familie, Alles, was in Staat und Kirche auf dieser Erde schon wirklich war, und ist, und werden soll, - das Geringste, wie das Wichtigste, ist ihm theuer und heilig. - Er befördert die innere Vollendung, welche sich alle menschliche Institute selbst auf ihrem Gebiete zu geben streben: denn er bildet in allen seinen Mitgliedern die ganze Menschennatur; er erzeugt und erhöht in ihnen den urschöpferischen, allgemeinmenschlichen Sinn, der in allem menschlichen Streben und einzelnen Wirken sich ewig gleich, zum Gedeihen alles Menschlichen wesenlich ist. Durch den Menschheitbund wird das Leben der Menschheit erst ein wahres Ganze, worin ein jeder Theil seine wahre Stelle, seine harmonische Gemeinschaft und Wechselwirkung mit allen seinen Nebentheilen, in dem Ganzen und durch dasselbe, erhält. Alle menschliche Dinge und Institute würdigt der werdende Menschheitbund, tiefsinnig und gerecht, mit Weisheit und mit Güte, nach der Idee der Menschheit selbst, und nach ihrem Leben, wie es war und ist, ohne ein einziges derselben einseitig zu mißachten oder zu überschätzen. Nur durch freie ofne Lehre und kunstreiche Beseelung für alles Menschliche bewirkt er, daß alle einzelne menschliche Bestrebungen und Institute, frei und ungestört, gesetzlich und. friedlich, sich verbessern, daß sie ihre Krankheiten naturgemäß heilen, und sich immer neu und immer schöner in die Harmonie der ganzen Menschheit einleben. Denn sein Geist ist Liebe und Güte; seine Waffen das Wahre, das Gute, das Gerechte, das Schöne; - nur mit diesen streitend, begründet er das Reich der Menschheit auf Erden. Durch äußere Mittel wirkt er nicht - nicht durch Körperkraft und Naturzwang; List, Trug, und Lüge sind ihm unbekannt. In treuem Vereine mit der Wissenschaft legt er das Wahre offen dar, und erweckt in allen Menschen liebevolles Schauen der Menschheit, indem er ihr Urbild im Kunstgewande des Schönen Aller Augen sichtbar macht, und Aller Herzen dafür gewinnt.

So greift also der Menschheitbund nicht eigenmächtig ein in die innern Einrichtungen und in das innere Leben irgend eines geselligen Institutes, sondern überläßt die eigne Verbesserung auf seinem Gebiet einem Jeden von ihnen selbst: vielmehr betrachtet und behandelt er sie Alle als wesenliche, selbstständige und freie Theile des Menshheitlebens. Seine Bundglieder sind zugleich treue, und gesetzlich thätige, Mitglieder der jetztbestehenden Staaten und der Religionsgesellschaften, denen sie sich freiwillig anschließen; sie sind treue Familienglieder, Freunde, Standgenossen und Berufarbeiter. Staat und Kirche, Familien und Freunde, Stände, Stämme und Völker, sowie alle freigesellige Verhältnisse, haben vom werdenden Menschheitbunde Nichts zu fürchten , vielmehr nur alles das das Gute zu hoffen, was er durch seine reinmenschlichen Kräfte und Mittel zu bewirken vermag.

In und durch den aufblühenden Menschheitbund werden Wissenschaft und Kunst, Familien-, Stamm- und Volkleben, Staat und Kirche, erst rein in sich selbst, und in Harmonie unter einander und zum ganzen Menschheitleben, vollendet werden. Die ofne Gründung desselben wird eine so wichtige Epoche in der Geschichte der Menschheit begründen, wie noch keine war. Ohnedaß dieß höhere Glied in die neubelebte Menschheit aufgenommen wird, kann weder Wissenschaft, noch Kunst, weder Staat, noch Kirche, im Wesenlichen, so vollkommen worden, als es die Menschheit, nach ihrer wesenlichen Kraft und Würde, zu leisten vermag. Erst dann, wann die Idee des MenschheitIebens durch den Menschheitbund schaffend in diese Menschheit einwirkt, kann jene längstersehnte innere Vollendung und allseitige Harmonie aller menschlichen Dinge beginnen; erst dann kann die Hofnung ihrem Erfüllen sich nahen, daß alle einzelne echtmenschliche Bestrebungen sich einst segenvoll über die ganze Menschheit verbreiten, daß einst auf Erden Eine Kirche, Ein Staat, Ein Bund für Wissenschaft und für Kunst blühen werden.

Da der Menschheitbund seinem Wesen nach alles Menschliche, als Ganzleben, umfaßt: so ist er für alle Zeiten, Stände und Völker, für Weiber und Männer, für Kinder, Erwachsene und Greisebestimmt. Und da er für die ganze Menschheit Dasselbe ist, was das Gewissen und das reinsittliche Streben in jedem Einzelnen: so ist er so frei, so lauter und so unbeschränkt offen, und in Allem so öffentlich, als es die Menschheit selbst ist, welche er ganz umfaßt, und in welcher allein er eine Grenze seiner Wirksamkeit findet. Ein geheimer Menschheitbund wäre ein Gewissen, das nicht spricht, eine Sonne, die nicht scheint, ein Leben, was sich in sich selbst verzehrt.

Dem sich höher aufschwingenden Geiste erscheint die Erde zunächst als Glied eines höheren Ganzen, als Glied unseres Sonnensystemes, und die Menschheit als Glied eines höheren Geisterreiches, und zugleich als untergeordnetes Glied der Menschheit in diesem Sonnensysteme. Doch, sowie dieß Sonnensystem wiederum Glied eines nächsthöheren Ganzen ist, dessen Anblick uns die Milchstraße gewährt, so erhebt sich auch die Anschauung des Geisterreiches und der Menschheit in unserem Sonnsysteme zum Geisterreiche und zur Menschheit dieses nächsthöheren Sonnenbaues; über welchem endlich der schauenden Vernunft das Urganze aller Himmelkörper, und in ihm das Eine Geisterreich und das Eine Menschheitreich im Weltall, offenbar wird. Ohne den Menschheitbund aber kann die Menschheit nirgend sein und werden, Was sie ewig ist und zeitlich werden soll; ohne ihn kann sie sich nicht zu einem organisch imd harmonisch lebenden Wesen in allen ihren Theilen gleichförmig vollenden. Da der Menschheitbund der oberste, urwesentliche Theil des MenschheitIebens ist: so wirken alle Anlagen und Kräfte der menschlichen Natur unaufhaltsam und nach höheren Weltgesetzen zu seiner Bildung und Vollendung harmonisch zusammen, - sowie sie ihn wiederum Alle zu ihrern höchsten Leben voraussetzen. Wo im Weltall ein Theil der Menschheit lebt und sich bildet, da wird auch, sobald sie dazu reif geworden, ein Menschheitbund, geschlossen. So ist ein wesenlicher Bund der Menschheit im Weltall von Gott gegründet; und von Gottes ewiger Liebe erwarten wir, daß sie auch die Menschenfamilie dieser Erde ihre Bestimmung werde erreichen und das oberste Glied ihres Lebens ausbilden lassen.

Dahin wirkt auch die Natur mit der immer höher aufstrebenden Menschheit selbst, durch göttliche Veranstaltung, zusammen; sie vermehrt noch jetzt das feste Land der Erde und bildet es immer weiter aus; die Erde ist noch zum geringsten Theil, und in keiner Hinsicht gleichförmig von Menschen bewohnt; die Erde und die Menschheit stehen Beide noch im kindlichen Alter; dann aber, wann der Menschheitbund offen und fest begründet wird, dann treten Beide ihre reife Jugend an.

Daher wird der Menschenbund gewiß auch auf dieser Erde geschlossen. Er wird dann unaufhaltsam wachsen, sich ausbilden, über die ganze Erde als Ein Bund verbreiten, und auf eine, der Menschheit dieser Erde eigenthümliche Art vollendet werden. In ihm und durch ihn wird auch auf dieser Erde die Menschheit ihre höchste Vollendung erreichen.

Aber die Menschheit erhebt sich in ihrer geschichtlichen Entwicklung von der Ausbildung einzelner Theile ihres Lebens nur nach und nach zu gleichförmiger Außbildung aller ihrer einzelnen Theile, und erst zuletzt zum Bewußtsein und zu gleichförmiger Ausbildung ihres ganzen Lebens, und aller ihrer Kräfte, Glieder und Werke, in, mit und durch das Ganze und in, mit und durch einander im Ganzen. Daher treten in der Menschheitgeschichte erst die Institute für einzelne Theile der Menschheitbestimmung nacheinander, in gesetzmäßiger Folge, einzeln hervor, und werden erst, sich vielfach hemmend, bekämpfend und beschränkend, so vollkommen, als es ohne den Bund für das ganze Menscheitleben möglich ist. Dieser Bund aber, worin sich die Menschheit zuerst ihrer selbst klar bewußt, mündig und ein vollständiges Ebenbild Gottes werden kann, wird zuletzt geschlossen; er tritt zuletzt in bestimmter Gestalt, frei und selbständig, doch geneigt zu friedlicher und liebevoller Gemeinschaft und Wechselwirkung mit allein Menschlichen, hervor.

Jetzt ist es Zeit, den Menschheitbund auf dieser Erde offen zu gründen, alle guten Menschen, welche zur Erkenntniß und Liebe der Menschheit und ihres Lebens gelangt sind, in ihn zu vereinigen. Jetzt ist es Zeit, ihn in klarer Anschauung der Idee und der Geschichte der Menschheit zu organisiren. Dieß verlangt die jetzige Wiedergeburt und Höherbildung der Staaten, der ReligiongeselIschaften, der Wissenschaften und Künste in Europa. Diesen bestimmten Beruf des jetztlebenden Geschlechtes wird Jeder einsehen, der die Entwikkelung der Menschheit vernunftwissenschaftlich zu ermessen, und im Lichte der Ideen den auf dieser Erde in Vorzeit und Gegenwart schon entwikkelten Gliedbau derselben zu überschauen und richtig zu würdigen vermag. Ich sehe es klar und deutlich ein, daß jeder wahrhaft gotthinnige Mensch, jeder Philosoph, jeder wahre Künstler, sowie jeder geistreiche Kenner der Geschichte, diese Idee des Einen Menschheitlebens, und des Einen ihm geweiheten Bundes, jetzt erfassen, und die Überzeugung jetzt gewinnen müsse: es sei Zeit, daß die edleren Völker Europa's sich der Ideen der Menschheit und ihres Bundes klar bewußt werden, und auf sie wohlgeordneten, geselligen Fleiß richten.

Europa ist jetzt die Lebenmitte der Menschheit; von Europa aus wird sich das höchste Heil über die ganze Erde verbreiten; unter allen eropäischen Nationen aber ist vorzüglich die deutsche berufen, die höheren Ideen des Menschheitlebens und des Menschheitbundes durch gesellige Kunst in die Wirklichkeit einzuführen; keine andre Nation kommt ihr gleich an allseitiger, harmonischer Bildung, und an gleichförmiger Empfänglichkeit für alles Menschliche, wid für jede Eigenthümlichkeit, worin sich das MenschheitIeben bei den verschiedenen Völkern der Erde verschieden entfaltet.

Die Gründung des Menschheitbundes und seine beginnende Werkthätigkeit ist in friedlicher Harmonie mit allen edlen und großen Bestrebungen des Zeitalters und aller seiner großen Menschen. Die Mitglieder desselben werden in Allem menschlich denken und thun, alles Menschliche achten und mit liebender Sorgfalt pflegen; der Bund wird kein bestehendes Institut eigenmächtig stören; er wird mit den Lehren der Gottinnigkeit übereinstimmen, und seine Mitglieder werden den Gesetzen des Vaterlandes treu gehorchen. Da, wo seine, alle Zeitalter überschauenden, Einsichten mit den Einrichtungen streiten, welche jetzt unter den Menschen stattfinden: da wird er sie, soweit sie das Gebiet des Rechts berühren, nur durch solche Mittel geltend machen, die der Staat selbst gesetzlich an die Hand gibt.

Der Menschheitbund könnte und sollte jetzt geschlossen werden, und würde sich sodann von geringscheinenden Anfängen, nach und nach, in Harmonie mit dem Ausbilden aller inneren Theile des Menschheitlebens, über diese ganze Erde verbreiten, wenn sich auch von keiner schon bestehenden Gesellschaft nicht einmal der geringste Anfang, ihn zu stiften, erwarten ließe. Doch, sowie in der Menschheitgeschichte Alles zuerst im Stillen und im Kleinen vorbereitet wird, ehe es frei und selbständig in den Kreis des Lebens eingeht: so läßt sich vermuthen, daß sich jetzt, wo die wahre Zeit der Belebung dieses Bundes gekommen, nicht allein prophetische Ahnungen der Idee des Menschheitlebens, sondern auch schon gesellige Bestrebungen, finden werden, die nach ihrem wahren Sinne, welchen der Vernunftinstinct selbst ohne klares Bewußtsein in sie legte, auf den Menschheitbund hindeuten, und als Anfänge desselben zu betrachten sind.

Wo nur die Menschheit in einzelnen Menschen, Familien, Ständen, Stämmen, Völkern oder Volkvereinen zu freierer Entwicklung gelangt ist, da äußert sich auch mehr, oder weniger, die erste und wesenlichste, Anlage der Menschennatur, sich als ein ganzes und in allen seinen Theilen harmonisches Wesen zu vollenden, und zu Einem Ganzleben der Menschheit auf Erden sich zu verbinden. Das Urbild, das ist die ewige Idee, des Menschheitbundes hat, wenn auch bewußtlos, doch alle große und ehrwürdige Menschen und Gesellschaften bewegt, wenn sie Wohlthäter ihres Geschlechtes wurden; ja alles ursprüngliche, ureigenthümliche und urkräftige Wirken in Wissenschaft und Kunst, in Staat und Kirche ist aus einer harmonischen Beseelung für die ganze Menschheit in ihren Urhebern hervorgegangen, und wird zu allen Zeiten nur in diesem Geiste möglich sein; doch erst im reiferen Menschheitbunde wird diese erhabne und schöne Gesinnung allgemeiner werden, und alles Menschliche wird dann kräftig und freudenvoll gedeihen.

Daher betrachtet auch der werdende Menschheitbund alle Menschen, die leben, gelebt haben und leben werden, als seine Mitglieder; er erhält alle Wohlthäter der Menschheit, die in seinem Geiste lebten, in ehrenvollem, segnendem Andenken, und fördert alle von ihnen begonnenen Werke. Er wacht, daß alles Menschliche, was Liebe und Treue der Vorfahren gegründet hat, erhalten und stetig veredelt werde, daß die Menschheit zu dem vorhandenen Vortrefflichen Neues hinzuschaffe, und an allseitiger Ausbildung stetig gewinne.

Vorzüglich theuer sind Ihm alle gute Menschen und Gesellschaften, welche als seine Keime und Anfänge anzusehen sind. Was diese Menschen und diese Gesellschaften Echtmenschliches in Lehre, Verfassung, Liturgie und Werkthätigkeit haben, sie mögen nun diesen oder jenen Zeiten und Völkern angehören, das erkennt und erhält der werdende Bund mit gleichförmiger, dankbarer Gerechtigkeit, jedoch als freier Schöpfer einer schöneren, reicheren, eigenthümlichen Gegenwart und Zukunft. Er unterscheidet Zeiten und Orte, und das zu bestimmten Zeiten und Orten Gute und Zweckmäßige von Dem, was es für alle Zeiten ist. Was zu seiner Zeit gut war, jedoch aufgehört hat, es zu sein, Das bewahrt er in treuer Geschichte dankbar auf; und so vergegenwärtiget er das Menschliche aller Zeiten, rein und unentstellt, indem er selbst eine neue, stets aufstrebende Gegenwart bildet.


Verhältniß des Menschheitbundes und der Freimaurerbrüderschaft.

Obgleich der Menschheitbund im jetzigen Menschheitleben in vielen einzelnen edlen Menschen, und durch viele gesellige Bestrebungen, mittelbar vorbereitet ist, so sehen wir uns doch vergeblich nach einer ihm schon rein, unmittelbar und öffenlich gewidmeten Gesellschaft um. Nur die Freimaurerbrüderschaft steht mit dieser größten Aufgabe der Menschheitgeschichte in näherer Beziehung, nur sie allein hat keinen Werth und keinen Sinn, wenn sie nicht in dieser Idee lebt.

Sofern die Freimaurerbrüderschaft ihrem, in ihrer eignen Geschichte deutlich ausgesprochnen, wesenlichen Begriffe gemäß ist, erkenne ich sie, ihrer GrundIage und ihrem reinen Geiste nach, für einen nach Zeiten und Orten beschränkten und bisjetzt bewußtlosen, dennoch über aber für den bisjetzt einzig bestehenden, geselligen Versuch an, die Ideen der Menschheit, des Menschheitlebens und des Menschheitbundes zur Anschauung zu bringen, in reinmenschlichem Geiste zu leben, und den ofnen Menschheitbund in abgesonderten Hallen, vom Vernunftinstincte geleitet, vorzubereiten.

Daß dieser weitverbreitete Männerbund, seiner ersten Stiftung nach, auf jene Ideen sich richte, davon giebt vorliegende Schrift einen Beweis durch Darstellung seiner ältesten Kunsturkunden. Nichts kann die Brüderschaft mehr ehren, als daß sie für einen stillen Keim des wesenlichsten und höchsten Bundes auf Erden erkannt wird; und Niemand kann ihr selbst einem wichtigeren Dienst leisten, als wer ihr die höchsten Ideen vor Angen stellt, wohin sich alle ihre achtbaren Bestrebungen, durch bewußtlosen Vernunfttrieb, richteten, vonnunan aber mit neuer Kraft und Weisheit und mit bewußter Kunst sich richten sollen.

Doch, wenn ich die Freimaurerbrüderschaft, wo und in sofern sie ihrem geschichtlichen Begriffe gemäß ist, für einen Keim des höchsten menschlichen Bundes auf erden erkenne; so sage ich damit nicht: daß die Freimaurerbrüderschaft dieser Bund schon sei; nicht, daß sie die in ihrer jetzigen Form und Wirksamkeit dem Vorbilde des Menschheitbundes, sowie er jetzt gegründet werden soll, schon Genüge leiste; nicht, daß sie jetzt oder zu ewigen Zeiten bei ihren hergebrachten Formen beharren könne und solle. Die Freimaurerbrüderschaft ist im Gegentheil der Menschheitbund noch nicht. Dieser ist im ganzen Menschheitleben bewußtlos, aber allseitig, vorbereitet; - er muß offen vor den Augen aller Menschen mit freier geselliger Kunst geschlossen und ausgebildet werdeni, und wirken. Die Freimaurerbrüderschaft ist nur jetzt der erste, sichtbare Lebenpunkt, die erste gesellige Bestrebung des herannahenden Menschheitbundes. Die Brüderschaft kann und soll sich nur an die dahin aufstrebende Menschheit anschließen. Dieß kann aber nicht also geschehen, dafs die Brüderschaft in ihrem jetzigen Zustande beharret: denn ihre erste Anlage ist bisjetzt fast unentwikkelt und sie selbst in aller Rücksicht weit hinter ihrem eignen, in früheren Zeiten schon von ihr selbst ausgesprochnen, geschichtlichen Begriffe, und hinter den eilenden Zeiten, zurückgeblieben; sie hat vielseitige Verstümmelungen, Entstellungen und Mißbildungen erfahren, sodaß ihr wahrer reiner Geist von der Mehrzahl der Brüder nur selten wahrgenommen und ergriffen wird; - selbst von Solchen nicht, die vermöge ihrer übrigen Bildung wohl vorbereitet und fähig wären, eine reinere Bundlehre aufzufassen, und ihr nachzuleben, wenn sie ihnen dargeboten würde, oder wenn sie selbst ihre Kräfte brauchten, eine solche zu bilden. Daher muß die Freimaurerbrüderschaft erst am Haupt und an den Gliedern, in Verfassung, Liturgie und Werkthätigkeit wiedergeboren werden, wenn sie nicht absterben, sondern sich auf würdige und heilsame Weise mit den höheren Bestrebungen der Menschheit vereinen, zur Gründung des ofnen Menschheitbundes mitwirken und den hohen Forderungen Genüge leisten will, welche die Menschheit jetzt an sie macht, denen sie aber in ihrem jetzigen Zustande nicht gewachsen ist.

Soll die Freimaurerbrüderschaft ihren hohen Beruf erfüllen, so kann sie nur als ein wiedergeborner Theil des neuentstehenden Menschheitbundes fortdauern. Sie ist zwar die einzige Gesellschaft, die bisjetzt einen ahnenden Versuch gemacht hat, sich rein- und allgemeinmenschlichen Angelegenheiten zu widmen; aber außerdem hat der Menschheitbund schon heute noch unendlich viele Keime und Wurzeln im Leben der Menschheit; die Anstalten, welche dafür durch die Ausbildung der Wissenschaften, und der Künste, und des geselligen Lebens bei allen edleren europäischen Völkern getroffen worden, sind beiweitem vielfacher und fruchtbarer, als die in der Freimaurerbrüderschaft. Daher muß auch der Keim, der in der Freimaurerbrüderschaft schlummert, nun heraus in den gemeinsamen Boden der Menschheit verpflanzt und mit den übrigen Keimen vereint werden. Alles Geheimthun, alle absichtliche Täuschung der Brüder und des Publikum, alles bloß Zunftmäßige, alle allsich widrige und gehaltlose Formen, Bilder und Gebraüche sind zu entfernen, und der Bund nach den Forderungen unserer Zeit und nach den Ideen des Menschheitlebens und ihres Bundes umzubilden. Wie alle diese Forderungen zu erfüllen seien, habe ich zum Theil in der Abhandlung über das altenglische Lehrlingritual (S. 480 bis S. 505) gezeigt, werde es aber in meiner Schrift: "der Menschheitbund und die Freimaurerbrüderschaft," ausführlich darstellen.

Vor Allem thut der Freimaurerbrüderschaft Anerkenntniß der Ideen der Menschheit, ihres Lebens und ihres Bundes noth; dann aber bedarf sie auch genauere Kenntniß ihrer Geschickte und ihres gegenwärtigen Zustandes, und Würdigung desselben nach diesen Ideen. In dieser Erkenntniß wird die Brüderschaft erfahren, Was sie jetzt zu thun hat, und wie ihre Verfassung, Liturgie und Werkthätigkeit neu zu bilden ist. Denn jene ewig wesenliche Ideen sind es, wonach allein unsere Brüderschaft gründlich beurtheilt, voll den Fesseln der Geheimnissuch, der List und des Betruges, worein sie sich selbst geschlagen hat, und vonl allen ihren innern Krankheiten befreit und zu einem der Menschheit achtbaren und segenbringenden Institute umgeschaffen werden kann.

Dieß ist das einzig Richtige, Zeitgenmäße, Menschliche, was die Brüderschaft jetzt thun kann; und ich lebe der frohen Hoffnung: viele einzelne Brüder und einzelne Logen werden mir hierin beistimmen und für die Umschaffung des Bundes in diesem Geiste zu wirken beginnen. Ob aber die ganze Brüderschaft diesen Wahrheiten, und diesen Forderungen der Menschheit an sie, sobald Gehör geben werde, will ich nicht entscheiden. Die Geschichte Iehrt uns, daß Institute, deren urlebendiger Geist längst erloschen ist, noch Jahrhunderte, ja Jahrtausende, lang zur Plage der Menschheit fortdauern. Die mosaischen Einrichtungen werden noch von einer in aller Welt zerstreuten, mehrere Millionen Menschen umfassenden, Nation hartnäckig geübt, wiewohl das Christenthum, dessen Grundidee und Mosaismus weit übersteigt; schon vor beinahe zwei tausend Jahren an jene Einrichtungen aüßerlich angeknüpft wurde. - Noch viele Nationen liegen seit Jahrtausenden in den Fesseln verjährter Gewohnheit, während die von ihnen stammenden Völker sie in allem Menschlichen weit übertreffen. Indien war die Wiege der Völker; die Indier aber sind Kinder geblieben, und haben Jahrtausende schon alle Lasten und Unfälle der scwächlichen, hülflosen Kindheit getragen, während die von ihnen entsproßnen Völker mit der ganzen Ohnmacht gereifteren Lebens zu ihnen zurückkehren. Wird auf änliche Weise ein Theil der Freimaurerbrüderschaft den heutigen Forderungen der Menschheit nicht Gehör geben, den hohen Beruf der Brüderschaft nicht erkennen, noch erfüllen, sondern sich auch in Zukunft von der übrigen Menschheit so abgetrennt erhalten, als jetzt; so wird vielleicht dessen Stolz und Anmaßung täglich wachsen, er selbst aber immer schlechter werden, immer weiter hinter den Zeiten zurückbleiben, und ein immer gefährlicheres Spiel mit veralteten Formen und Gebraüchen spielen.

Solltc sogar die Freimaurerbrüderschaft ihren hohen, würdigen Beruf, der erste, neubelebte Anfang des ofnen, allgemeinen Menschheitbundes zu werden, als Gesellschaft, nicht anerkennen, nicht erfüllen, so soll und wird der Menschheitbund, als ein wesenliches, allgemeines Werk der ganzen Menschheit auch ohne und wider ihren Willen geschlossen: denn eine bedeutende Anzahl Mitglieder des neuem Bundes werden dennoch auch aus der Freimaurerbrüderschaft gewonnen werden. Die besten und edelsten Freimaurerbrüder werden sich bald zu der höheren Idee des Bundes, und zu deren freier, von alten Formen unabhängiger Belebung, erheben und sich dazu vereinigen. Der werdende Menschheitbund selbst wird Alles, was die Freimaurerbrüderschaft, zumal in ihren ältesten Kunsturkunden, Gutes und Brauchbares enthält, gerecht, treu und dankbar, jedoch mit Kunstsinn, mit Freiheit und Selbständigkeit, benutzen; des Neugeschaffnen aber wird Mehres und Herrliches sein, als des Alten, was mit Weisheit umgebildet, beibehalten werden kann. Die Stiftung des Menschheitbundes wird nicht bloß von der Freimaurerbrüderschaft, sie wird vielmehr von allen Menschen gefordert. Jene Grundideen können und sollen einst von allen Menschen erkannt, geliebt und ausgeführt werden, nicht nur von einigen wenigen. Sie sind, ihrem Wesen nach, allumfassend und nicht geeignet, insgeheim ausgeführt zu werden. Ihre Erkenntniß kommt bei keinem Menschen, bei keiner Gesellschaft, bei keinem Volke zu früh; sie erheben und veredeln, sie erfreuen mit Liebe und mit Frieden Alles um sich her, wo sie erkannt und belebt werden; mit ihnen beginnt überall volles Selbstbewußtseint, wahre Mündigkeit, - echte Lebenkunst.

Gewiß wird der neue Bund weit mehre Mitglieder außer, als innerhalb, der Freimaurerbrüderschaft finden. Denn die Anzahl der Freimaurerbrüder ist gegen die Menge der jetztlebenden Guten und für das Echtmenschliche Empfänglichen außer ihr sehr klein; schon darum, weil Weiber und Kinder von dem Freimaurerbunde ausgeschlossen sind, und weil das Geheimsein die Meisten zurückschreckt; weil es sogar Viele, die mit guten Gesinnungen eintraten, moralisch verdirbt, und hierdurch verursacht, daß dem Bunde unermeßliche, wesentliche Kräfte verloren gehen. Die Mitgliedschaft unter den Freimaurern wird leider ! von der Mehrzahl aus unlautern, oder wenigstens aus Nebenabsichten, gesucht und beibehalten; nur aüßerst Wenige erheben ihr Verhältnis als Maurer zur ersten Angelegenheit ihres Lebens; ja Dieß ist, bei dem höchst unvollkommnen Zustande der Brüderschaft, nur von Denen zu erwarten, die sich zu höheren Ideen aufgeschwungen haben und die Hoffnung nähren, der Freimaurerbund werde bald in fröhlichlicher Wiedergeburt neu belebt werden. Manche edelgebildete Jünglinge, manche vortrefflichen Männer hat die frohe Ahnung, das innige Verlangen nach dem Menschlichen, und die frohe Hofnung, hier, Was alle andere geselligen Vereine nicht gewähren, reine Menschlichkeit zu finden, in die Freimaurerbrüderschaft geführt: nur sie allein können ihr ein freieres, edleres Dasein bereiten.

Wenn auch von den in vorliegender Schrift mitgetheilten Kunsturkunden keine Einzige vorhanden, wenn meine Überzeugungen über dieselben und übor Freimaurerei und völlig irrig wären; ja wenn es gar keine Freimaurerbrüderschaft gäbe, oder wenn diese, ohne den Forderungen der Menschheit Gehör zu geben, in dem gewohnten Wege fortgienge: so würden doch die Ideen der Menschheit und des Menschheitbundes ansich selbst ewig wahr; gut und schön, so würde die Forderung an die Menschheit, sie wirklich zu machen, nicht weniger wesentlich und unerläßlich sein, so würde ihre Ausführung nicht weniger jetzt von der Menschheit in geselliger Vereinigung begonnen werden. Daher dürfen auch diese Ideen nicht allein der Freimaurerbrüderschaft, sondern sie müssen zugleich der ganzen Menscheit verkündigt werden: allein, auch die Brüderschaft verdient es, daß auch die in ihr schon vereinigten Kräfte geweckt, gereinigt, auf das Gute und Zeitgemäße gelenkt, und daß auch ihr das Wahre frei und offen vorgetragen werde. -

Alle einsichtvolle, edle Brüder, deren Verstand so hell, als ihr Herz rein ist, stimmen darin überein, daß, wenn die Brüderschaft irgend Würde haben solle, diese nur in dem geselligen Verfolgen allgemeinmenschlicher Zwekke bestehen könne. Doch nicht so verbreitet ist unter den besseren Brüdern die Überzeugung: daß allgemeinmenschliche Dinge weder geheim gehalten, noch geheim geübt werden dürfen, wenn sie wohlgelingen und nicht entarten sollen. Vielmehr herrscht noch sehr allgemein der von Vielen aus Nebenabsichten sorgfältig und mit Schlauheit erhaltne Wahn: die Freimaurerbrüderschaft sei wirklich im Besitz wichtiger Geheimnisse, das heißt einer wesenlichen Lehre und Lebenkunst, welche der übrigen Menschheit unbekannt, und über den Horizont der jetzigen öffentlichen Wissenschaft und Kunst, des Staates und der Kirche weit erhaben wären. Allein, die Brüderschaft besitzt eine solche, aus dem Altertum überlieferte, oder neuerdings gebildete, Lehre und besonders Kunst, das Gute und Menschliche zu bewirken, welche über die jetzt allgemeine Kultur erhaben wäre, keineswegs. Die Literatur und die Kunstwelt enthalten Vieles, was in das Gebiet gehört, in welchem die Brüderschaft ihrem wahren Wesen nach wirksam sein soll: und doch wird es von ihr so wenig geachtet und erkannt, noch weniger aber zur Verbesserung ihrer Verfassung, ihrer Liturgie und Werkthätigkeit benutzt.

Die ältesten Freimaurer, welche in persönlicher Vertraulichkeit zu gemeinsamer Arbeit verbundne Baukünstler waren, verheimlichten allerdings den Nichtbaukünstlern zweierlei: erstens, und ganz vorzüglich, die Baukunst, und alle zu ihr gehörigen Kunstfertigkeiten, um ihren Erwerb, den Ruhm und das Bestehen ihrer Zunft zu sichern; sodann aber auch reinere Ansichten über den Menschen und die Menschheit, und vorzüglich über die Religion, über Staat und Kirche, welche sie in jenen Zeiten, in denen im Allgemeinen Gewalt, Aberglaufbe und Unwissenheit herrscht, nicht immer und überall offen zu aüßern wagten. alles aber, was Jene damals verheimlichten, und weit Mehres und Wichtigeres noch, ist nach dem Wiederaufleben der Wissenschaft und der Künste, und vorzüglich durch die Kirchenreformation, sowie durch den freieren Anbau der reinen Vernunftwissenschaften, schon längst Gemeingut aller gebildeten Menschen geworden, die es sich frei aneignen wollen. Die alten Freimaurer verheimlichten es nicht um der Sachen selbst willen, sondern, ihrem eignen Wunsche zuwider, durch den damaligen beschränkten Zustand der sie umgebenden Menschen veranlaßt. Es sind hierüber ausdrückliche Erklärungen in der ersten und zweiten Kunsturkunde enthalten, welche den wahren Sinn ihres Verheimlichens enthüllen, und es deutlich aussprechen, daß sie die Absicht hatten, nach und nach alles Gehimniß verschwinden zu lassen. Die Freunde des Geheimhaltens berufen sich also ganz mit Unrecht auf die ältesten Stifter unserers Bundes. - Zudem befassen sich die heutigen Freimaurer mit der Baukunst gar nicht mehr; und hierduch ist der eine Theil der Kunstgeheimnisse, auf deren Verheimlichung die Yorker Constitution vorzüglich dringt, völlig verschwunden, und somit auch der eigenlichen Grund der geheimen Erkennzeichen der Zunftgenossen weggefallen. Vielmehr haben die heutigen Freimaurer bloß diesen Zunftnamen, sowie einen Theil der höheren Zunftlehren, der Zunftsprache und Gebraüche, beibehalten, ohnedaß sie irgendwo in der reinmenschlichen Kunst selbst einen wesentlichen Frotschritt gemacht hätten. Dieß Letztere ist selbst da nicht geschehen, wo die Brüderschaft zu theosophischen, alchemischen und politischen Schwärmereien und zum Gelderwerb nicht gemißbraucht worden ist. Gleichwohl wird nicht allein dem sogenannten profanen Publicum, sondern auch den Neuaufgenommenen und sämmtlichen Brüdern der sogenannten niedern Grade, noch heute vorgespiegelt: als sei die Brüderschaft wirklich im Besitz großer Geheimnisse. Die Vorspiegelnden aber sind entweder selbst Getäuschte, welche in eitler Hofnung erwarten, es werde ihnen irgend ein Geweiheter irgend einen Vorhang einst noch aufziehn; oder es sind absichtlich Täuschende, welche wähnen, daß dem Bunde nur durch dieses Mittel Glieder gewonnen, und welche überzeugt sind, daß ihre eignen Absichten nur so erreicht werden können.

Wäre freilich die dem Freimaurerbunde zum Grunde liegende Idee irgend früher deutlich erkannt, und der Freimaurerbund selbst danach beurtheilt und veredelt worden: so würde derselbe schon jetzt eine höhere, aber ofne, vor allen Menschen daliegende, Kunstlehre, Lithurgie und Werkthätigkeit haben; die Mehrzahl der Brüder wenigstens würde es einsehen, daß das Geheimhalten selbst dem gegenwärtigen geschichtlichen Begriffe der Brüderschaft, noch mehr aber ihrem wahren Wesen, und dem heutigen Zustande der Menschheit, zuwider sei; daß es die edelsten Kräfte der Menschheit unbrauchbar mache; daß es sie lähme, schwäche, irreleite und zerstreue, und den Aufschwung zum Bessern verhindere und erschwere. Die Brüder würden es erkennen und empfinden, daß Geheimhalten in einem Institue, deßen Mitglieder allgemeinmenschliche Zwekke, und zwar bloß und rein als Menschen, ohne durch die Bande persönlicher Freundschaft und Vertraulichkeit verbunden zu sein, gesellig betreiben wollen, zweckwidrig und ungerecht ist; sie würden es wissen, daß jeder Betrug, jede Täuschung, Jede Lüge, unter allen Umständen und bei allen möglichen Absichten, die Vernunft entedelt, den Menschen schändet, und das eigenlich Profane ist; sie würden endlich wahrnehmen, daß das wahre Wesen des Bundes, wenn es ander in den Logen zur Anschauung gebracht würde, ansich selbst weit mehr Anziehendes und Schönes habe, und die Herzen und Kräfte der Menschen weit inniger zu ergreifen und zu fesseln vermöge, als die heuchelnden und buhlerischen Reize eines versteckten Geheimnisses, welche der Brüderschaft eine Menge unwürdiger Mitglieder zuführen. Würde die Brüderschaft nach den höheren Ideen zeitgemäß veredelt und neubelebt, so würde die Theilnahme an ihr weit edlere und heilbringendere Freuden gewähren, als jetzt der kleinliche Genuß einiger unbedeutenden und unbrauchbaren Heimlichkeiten darbieten kann.

Was den Ursprung des Geheimhaltens in der Brüderschaft betrift, so habe ich in vorliegender Schrift bewiesen, daß die Sucht, zu verheimlichen, eine neuere Krankheit des Institutes ist, und daß insbesondere der vernunftwidrige, ungerechte und sinnlose, fälschlich alt genannte, Maurereid seinen neuern Ursprung Männern verdanket, welche die Brüderschaft absichtlich zu politischen Planen mißbrauchten, und sie dadurch entedelten. Die Heimlichkeiten der Brüderschaft sind in viele hundert Exemplaren mehrer Schriften entdeckt; die meisten Brüder aber halten es nicht unter ihrer Würde, dennoch vorzuspiegeln und vorzulügen, als sei von dem Entdeckten Nichts echt; da es doch weit besser wäre, dadurch veranlaßt, die Liturgie und Verfassung würdiger und schöner zu gestalten. Die einzigen, mir bekannten, wahrhaft ursprünglichen, gehaltvollen, und der Menschheitgeschichte wichtigen Denkmale der Brüderschaft sind die drei Kunsturkunden, die ich hier mittheile; aber es ist kein Grund vorhanden, sie länger zu verheimlichen. Die erste und die dritte wird selbst von der Bruderschaft in England nicht geheim gehalten; und die zweite ist in zwei Schriften, welche in England im ofnen Buchhandel zu haben sind, (in den three distinct Knocks und in Jachin and Boaz,) woraus ich sie hier mittheile, getreu und echt enthalten. Diese beiden Schriften werden in England, Schottland, Irland und Nordamerica, in ihren vielen Auflagen, von den Brüdern und Logen im Stillen, und ohne es der sogenannten profangen Welt zu gestehen, als Handbücher gebraucht; ja aus diesen Schriften haben die Brüder in Deutschland, und in andern Ländern, die echte altenglische Maurerei erst kennen gelernt, aund auf diese Weise durch den sogenannten profanen Buchhandel erfahren, welches eigenlich die alten Gebraüche, sinnbilder und Lehren, das ist die Geheimnisse, der Brüderschaft seien: auch das neuenglische System selbst wurde durch Prichard's Masonry dissected bekannt, und die Logen arbeiteten, in Mangel eines andern Rituales, danach. Indessen verdienen die Brüder, welche jene Schriften zur theilweisen Verbesserung des Logenwesens in Deutschland benutzt haben, deshalb gewiß Achtung und Dank. Trotz allen Hindernissen aber, welche der Publicität in freimaurerischen Angelegenheiten vorzüglich in einigen Theilen von Deutschland gelegt werden, wo man es gerade am wenigsten hätte erwarten sollen, ist dennoch ein steter, immer anwachsender, Fortschritt der maurerischen Publicität in Druckschriften, welche sich über Verfassung, Liturgie und Werkthätigkeit verbreiten, seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts nicht zu verkennen. Das neuenglische Großmeisterthum, welches sich im J. 1717 in London constituirte, hat durch Publicirung seines Constitutionenbuches, vielleicht wider Willen, zur Vermehrung der Publicität einen entscheidenden Schritt gethan. Niemand, der die Geschichte der Brüderschaft wirklich kennt, kann es leugnen, daß unbeschränkte, durchaus ofne und wahrhafte Publicität überall nur gute Folgen für die Brüderschaft gehabt, hingegen ihre absichtliche Verstecktheit ihr viele Verfolgungen zugezogen hat.

Eine jede Gesellschaft hat ihre Perioden, welche den Lebenaltern des einzelnen Menschen, den Jahrzeiten der Erde, und den Hauptperioden der ganzen Menschheitgeschichte vollkolumen ähnlich sind; und dabei ist eine jede einzelne Gesellschaft zugleich von dem vorzeitigen und gleichzeitigen Zustande aller andern neben ihr bestehenden Institute, und zuhöchst vom Zustande des ganzen MenschheitIebens, abhangig. Auch die Geschichte der Freimaurerbrüderschaft, stellt drei Hauptperioden dar; zwei davon sind verflossen; die dritte beginnt. -

Die erste Periode umschließt ihr ursprüngliches Dasein als Gesellschaft wirklicher Baukünstler, welche als solche von den römischen Baucorporationen ihren Ursprung nahmen, und die reinmenschliche Lehre der alten Baucorporationen, sowie sie schon Vitruvius enthält, mit der reinchristlichen und reinmenschlichen Lehre der unpäpstlichen Geistlichen in England vereinigten, und aus diesen Elementen ihre Verfassung, ihre Liturgie und ihre Werkthätigkeit zusammensetzten. - Obgleich die Brüderschaft in dieser ganzen ersten Periode mit der übermächtigen Hirarchie und mit den Staaten einen ungleichen Kampf zu bestehen hatte, welchem sie auch im Allgemeinen unterlag, so erhielt sie sich doch in einigen Überbleibsalen bis zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, und ihr altes Ritual, sowie ihre alte Verfassung, ist in den hier mitgetheilten Kunsturkunden, durch stete Ausübung einiger Logen, auf uns gekommen.

Die zweite Periode der Brüderschaft wurde zu London um das Jahr 1717 von vier einzelnen zu einer Großen Loge zusammentretenden Logen begonnen, und im Jahr 1723 durch Herausgabe ihres, durch Anderson verfaßten Constitutionenbuches bestimmt ausgesprochen und der Brüderschaft angekündigt. - Das Eigenthümliche und Wesenliche dieser Periode ist, daß die Brüderschaft in derselben als eine zwar aus den Baucorporationen entsprungene Gesellschaft erscheint, die sich aber von der Baukunst und von den Baukünstlergesellschaften ganz losgesagt und getrennt hat, seit jener Trennung sich umso mehr nach und nach zu einem Schauplatze reinmenschlicher Bestrebungen umbildet, und sich in dieser Gestalt über die ganze Erde in einzelnen Logen verbreitet. Allein, die Zunftgebräuche und Zunftformen wurden von den Begründem dieser zweiten Periode beibehalten, und Vorheimlichung zur Regel gemacht. Diese Reform gründete sich auch keinesweges auf klare Anschauung der ewigen Grundidee des Menschheitlebens und des Menschheitbundes; die Brüderschaft behielt zugleich das Colorit der englischen Nation, die kirchlichen Vorurtheile der Stifter gewannen einen bleibenden, noch heute überall bemerklichen, Einfluß; man ahmte die Einrichtungen mächtiger Ritterorden nach, und suchte den Bund durch aüßere Mittel, durch Vorspiegelung großer Geheimnisse und durch den Beitritt mächtiger und angesehener Staatspersonen zu heben und dadurch die Aufmerksamkeit der Nationen auf ihn zu ziehen. Dieß Alles gehört zu den Beschränkungen, welche der Zeitgeist während dieser ganzen Periode der Brüderschaft zufügte. Dem zuerst erwähnten eigenthümlichen Wesenlichen, den in den Gebräuchen ausgedrückten Ahnungen des Allgemeinmenschlichen, und dem höheren, keinesweges durch die Freimaurerbrüderschaft erregten, Bedüfnisse der Menschen, sich als Menschen zu vereinigen, welches während dieses ganzen Zeitraumes, nicht durch die Brüderschaft, sondern durch die allseitige Entwikkelung des Menschheitlebens in Europa, zunahm, hat die Brüderschaft ihre Ausbreitung und Erhaltung, den erwähnten Beschränkungen aber alle das Unheil, den Mißbrauch und die Verderbniß, zuzuschreiben, worein sie überall, mit allen Leidenschaften und unedlen Neigungen im Bunde, versunken ist. - Die Brüderschaft hat sich nicht allein überallhin mit allen Mängeln der im J. 1717 begonnenen Reform verbreitet, sondern noch neue sind überall, nach der verschiedenen Lage der Länder, dazu gekommen.

Jetzt aber ist es endlich hohe Zeit, daß die Brüderschaft durch eine völlige Wiedergeburt ihre dritte schönste Periode beginne; daß, mit dem höheren, jetzt auf Erden erwachenden Geiste, auch in ihr ein neuer Geist belebt werde. - Ihre Wiedergeburt wird weit herrlicher, für die Menschheit weit segenreicher sein, als die bei'm Anfange der zweiten Periode begonnene Reform. Wenn damals die Brüderschaft sich von den Gesellschaften der Bauleute völlig lossagte und dadurch allgemeinmenschliche Bestrebungen mittelbar Raum gab; so soll sie jetzt von allem Zunftmäßigen und bloß Nationalen in Verfassung.und Liturgie befreit werden; sie soll von dem schädlichen Streben nach Verheimlichung zu edler Offenheit gegen Staat und Kirche, und gegen die ganze Menschheit, hindurchdringen, - von aller Sucht nach äußerem Ansehen und nach äußerer Gewalt ihrer Mitglieder sich reinigen. Nur das Ansehen edler Menschlichkeit soll sie begehren, und nur von der reinen, ewigen Kraft des Wahren, Guten und Schönen AIles erwarten. Von den Pfaden betrügerischer Vorspiegelungen und Täuschungen soll sie zum einfachen Wege der Wahrhaftigkeit und der sittlichen Güte zurückkehren; und, was das Wesenlichste ist, sie soll in neuem Schauen der Ideen des Menschheitlebens und seines Bundes den. ersten Ansatz zu diesem, völlig ofnen, bilden, der Männer, Weiber und Kinder mit Einem Bande der Liebe und der Treue in allen Ländern der Erde umfaßt. - So geht die Bruderschaft nicht unter; sondern sie lebet dann in einem höheren Ganzen mit verjüngter Kraft und Schöne, ein Heil der Menschheit, unvergänglich wieder auf. Diese Umbildung und Neuschöpfung der Freimaurerbrüderschaft im Geiste der jetzt höher aufgelebten Menschheit ist an sich selbst und geschichtlich rechtmäßig, sittlich geboten und unvermeidlich. Es ist Pflicht, dahin aus allen Kräften zu wirken, und es ist Irthum und Unrecht, dieser Umwandlung zu widerstreben; die Brüder und Logen, welche sie bewirken, werden Wohlthäter der Menschheit sein; Mitwelt und Nachwelt werden sie lieben und segnen.

Ist auch unsere Brüderschaft, mit Staat und Kirche verglichen, noch ein geringzahliges Institut, so sind doch in ihr Kräfte beisammen, denen es nur an Richtung auf das wahre Wesen des Bundes, nur an Arbeit fehlt. Möchten doch die vielen tausend in den Maurerhallen vereinten Männer, worunter Viele mit Kraft und gutem Willen, Viele zum Anerkennen der hohen Bestimmung des Bundes Vorbereitete sind, sich ihrer selbst und der Menschheit bewußt werden, und jene Neubelebung des Bunles bewirken !

Dazu gebe ich hier in dieser Schrift den ersten freien Anlaß, und biete meine Kräfte aus gutem Herzen der Brüderschaft dar. Nur erst die Einsicht in die Rechmäßigkeit und und Nothwendigkeit des Unternehmens will ich hier bewirken, noch keinen Entwurf zum neuen Bunde vorlegen. Wäre ich aber auch nicht vermögend, diesen Entwurf zu machen, noch die Mittel seiner Altsführung anzugeben, so müßte mich die Brüderschaft dennoch hören, wenn ich zeige, daß der jetzige Zustand der Brüderschaft nicht taugt, daß eigenlich kein Bau begonnen ist, sondern erst nach neuem Plane begonnen werden muß. Was aber den Riß des neuen Baues betrift, so bin ich verbunden, da ich ihn der Freimaurerbrüderschaft gar nicht verdanke, und da er ein von der Brüderschaft nicht abhangiges Werk der Menschheit angeht, ihn allen Menschen, die ihn sehen wollen, vorzulegen. Die vorstehenden und in dieseor ganzen Schrift zerstreuten Darstellungen der höhern Ideen sind nur eine, dem geübteren Sinne vernehmliche, Andeutung. In den im vorigen Jahre (1809) erschienenen, in der Loge zu den drei Schwerdtern und wahren Freunden gehaltenen, Vorträgen habe ich noch leiser ebendahin gedeutet. Die herzliche Aufnahme, welche diese Vorträge bei so vielen guten Menschen gefunden, ist mir ein rührender Beweis, daß viele Brüder für die höheren Angelegenheiten der Menschheit empfänglich sind. Was ich hier und in den erwähnten Vorträgen mit Absicht bloß andeutete, das führee ich in zwei Schriften aus, welche, wenn Gott Kraft und Gesundheit verleiht, noch in diesem Jahre erscheinen werden.

Den edlen Mitgliedern der Brüderschaft aus allen Ständen und Völkern, die noch voll sind von Glauben und Hoffnung zu Gott und zur Menschheit, die in reinem Sinne und mit liebevollem Herzen inning wünschen, daß von dieser Brüderschaft ein neues Leben über die ganze Menschheit ausgehen möchte; die noch ungefesselt von Gewohnheit, noch unverdorben von niedrigen und kleinen Trieben, noch untheilhaftig der Heuchelei, der Herrschsucht und des Sclavensinnes sind, wodurch so viele Mitglieder unseres Bundes sich entedeln, - diesen edlen, treuen Brüdern widme ich meine Liebe und meinen Fleiß, Ihnen bestimme ich diese Schrift, Ihnen wünsche ich mich ganz zu eröfnen, und mit Ihnen brüderlich vereint zu wirken. Sie werden, Was ich sage, mit Eifer und mit reinem Herzen prüfen; Ihr von Menschheitliebe durchdrungenes Gemüth wird für die Einführung jener wesenlichen Ideen in's Leben gesellig wirksam sein.

Innig wird es mich freuen, wenn solche Brüder mich ihres Vertrauens werth achten und mir ihre Gedanken über diese wichtigen Gegenstände mittheilen wollen. Jedes vertrauliche Wort werde ich vertraunvoll erwiedern; ein gelehriger Sinn und ein dankbares Herz sollen an mir nie vermßt werden.

So viel von meinen Grundüberzeugungen ! Sie bezeichnen den Geist, worin die vorliegende Schrift gedacht ist. - Doch, die Brüderschaft soll auch über das Verhältnis nicht ungewiß bleiben, worin ich mich zu ihr erblikke, damit ich Nichts versäume, was sie in den Stand setzen kann, mich gerecht zu beurtheilen.