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Der Philosoph Karl Christian Friedrich Krause

Gebote der Menschlichkeit - Sittengesetz

Dr. Siegfried Pflegerl, Breitenfurt

Die ethischen Gesetze, welche für die Evolution der Menschheit in Richtung auf ihre Vollendung richtungsweisend sind, hat Krause in ständiger Bearbeitung sowohl in populärwissenschaftlicher Form als auch streng nach seinem neuen wissenschaftlichen Sprachgebrauch dargestellt. Hier werden zwei Versionen vorgestellt. Die zweite ist aber nur Lesern zugänglich, welche vorher die Grundwissenschaft in (19; neu 69) durchgearbeitet haben. Sie wird aber hier dennoch in Hinblick auf die evolutiven Potenziale zur Anregung veröffentlicht. Wie in den anderen Kapiteln wird auch hier die alte Schreibweise benützt.


Versuch, die Gebote der Menschlichkeit an den einzelnen Menschen auszusprechen

Erster Versuch (1811) (Fußnote 1)

Du sollst Gott erkennen, anbeten, lieben und heilig halten.
Du sollst die Vernunft, die Natur und die Menschheit und alle Wesen in ihnen, erkennen, achten, lieben und heilig halten.
Du sollst dich selbst, als Gottes Geschöpf, als selbständiges und als geselliges Wesen, erkennen, achten, lieben und heilig halten.
Du sollst als ganzer Mensch leben.
Du sollst deinen Geist und deinen Leib und beide, sofern sie ein Wesen sind, erkennen, achten, lieben und heilig halten, dass jeder für sich und beide in ihrem Vereinleben rein, gesund, kraftvoll und schön seien und du ein harmonischer Mensch seiest.
Du sollst tugendhaft sein, aus reinem, freien Willen.
Du sollst gerecht sein gegen alle Wesen und gegen dich selbst aus reiner, freier Achtung.
Du sollst liebreich sein gegen alle Wesen und gegen dich selbst aus reiner freier Neigung.
Du sollst gottinnig sein, und in der Gottinnigkeit vernunftinnig, naturinnig und menschheitinnig, aus reinem freien Gemüte, jedem Leben, jeder Freude, jeder Liebe hold.
Du sollst das Wahre, als Eine Wissenschaft, im Spiegel deiner reinen Seele, gottinnig und gesellig erforschen.
Du sollst das Schöne, als das Göttähnliche in dem Einen Leben aller Wesen in Gott und in der Gestalt aller Wesen, rein erkennen und im reinen Kunsttriebe in deinem Lebenkreise bilden.
Du sollst dich selbst erziehen und bilden und die erziehenden und bildenden Einflüsse Gottes und der Welt mit freier, besonnener Kunst in dich aufnehmen.


Besondere Gebote, die aus den allgemeinen fliessen, zugleich als verbietende

Du sollst das Gute nicht tun, weil du hoffst, noch weil du fürchtest, noch um der Lust willen, sondern weil es gut ist: dadurch wirst du erfüllt werden mit Einer Hoffnung auf Gott, dass du dich furchtlos, aber voll heiliger Scheu, deines Lebens in Gott erfreuest.
Du sollst das Recht tun, nicht weil es dir nützt, sondern weil es recht ist.
Du sollst aller Wesen Vollkommenheit befördern und allen empfindenden Wesen Wohlgefühl und Freude bereiten, soweit deine Kraft reicht, nicht um ihres Dankes und ihrer Wiedervergeltung willen, und ohne ihre selbstgesetzmässige Freiheit zu stören; und dem, der dir wohltut, sollst du dankbar sein.
Du sollst einem Wesen geneigt sein und ihm wohltun, nicht um deiner Lust und um deines Vortheiles willen, sondern weil dies Wesen gut und schön und mit dir zugleich in Gott, als Glied Eines Lebens, ist.
Du sollst gesellig sein, nicht aus Eigennutz, noch aus Lüsternheit, sondern keusch und schamhaft, und dich mit anderen Wesen liebend vereinigen nur aus Liebe und nur um Liebe.
Du sollst zu dir selbst, als Glied der Menschheit, keine Vorachtung, noch Vorliebe haben, sondern deinen Mitmenschen achten und lieben, als dich selbst. Du sollst nicht hochmütig sein, noch eine Selbstling; nie träg sein, nie lügen, nie heucheln, nie dich verstellen; nicht neidisch, nicht schadenfroh, noch rachsüchtig sein; sondern bescheiden, gemeinsinnig und genügsam; arbeitsam, wahrhaft, lauter und offenherzig; gönnsam, froh über anderer Wohl und zum Verzeihen geneigt.
Dem Bösen sollst du nie Böses entgegensetzen, sondern nur Gutes, dem Irrthum die Wissenschaft, dem Wesenwidrigen das Lebendige und Schöne, dem Laster die Tugend, dem Unrecht das Recht; dem Hasse die Liebe, der Feindschaft reinmenschliche Zuneigung, der Trägheit den Eifer, dem Hochmut Bescheidenheit, der Selbstsucht Gemeinsinn und Genügsamkeit, der Lüge Wahrhaftigkeit, der Falschheit Biederkeit, dem Neide Gönnsamkeit, dem Undanke Wohltun, der Schadenfreude ein duldsam und theilnehmend Herz, der Tadelsucht williges Gehör und stete Verbesserung, der Verachtung Achtung, der Rache Verzeihung und zuvorkomende Güte, der Schmähung gute Rede, dem Spotte ruhigen Ernst, der Raubsucht Freigebigkeit.
So sollst du das Böse nicht mit gleichen Waffen, sondern nur mit den Waffen der Gottinnigkeit, der Tugend, der Gerechtigkeit, des Wahren und des Schönen bekämpfen, und anders sollst du dich ihm nicht widersetzen.
Und dem Übel, welches dir in der Weltbeschränkung, nach Gottes Willen, widerfährt, sollst du nicht Zorn, nicht Unmut, nicht Trägheit entgegnen, sondern in ruhiger Ergebung in Gott, mit besonnenem Mut, mit munterem Fleiss und mit aufstrebender Kraft sollst du es ertragen, und mit Gottes Hülfe überwinden.


Erläuterungen

Jedem Menschen, der zu klarem Selbstbewusstsein gelangt ist und seine ganze Bestimmung harmonisch erfüllen will, ist es wichtig, diese seine Bestimmung wahrhaft zu erkennen, und die einzelnen Theile derselben sich als einzelne Forderungen, als einzelne Gebote, mit Klarheit und Ebenmass, vorzustellen. Dies ist umso wesentlicher, als es jedem einzelnen Menschen notwendig ist, in den so vielfachen geselligen Verhältnissen des Lebens sich zu sammeln, und sich prüfend das ganze Urbild des Menschen und der Menschlichkeit, als ganzes und in seinen einzelnen Grundzügen, vor Augen zu halten, damit er, so oft er auch fehle, doch echt menschlichen Sinn rein und kraftvoll in sich bewahre, immer seltener, immer weniger fehlen lerne und stets reinen Herzens sei.

Alle Gebote, wonach jeder Mensch sein Leben bilden soll, sind in dem Einem enthalten: Sei Mensch! oder: sei in den Schranken deines Wesentlichen, deines Menschthumes göttähnlich! Aber die ganze Fülle und Kraft dieses Gebotes können wir nur dann erfassen, wenn wir wissen, was der Mensch sein soll, und was er zeitlich ist; wenn wir in der Anschaung des ewig Wesentlichen des Menschen sein Urbild (seine Idee) erkennen und mit Hinsicht auf die Bedingungen seines zeitlichen Daseins, seines Lebens im Weltall und in den Sphären dieser Erde, für dies Leben selbst ein Musterbild, ein Ideal des Menschen entwerfen. Ja, soll dies allumfassende Musterbild im eigenthümlichen Leben jedes einzelnen Menschen Früchte bringen, so muss es noch weiter von jedem zu einem nur ihm eigenthümlichen, individuellen Ideale seines persönlichen Lebens ausgebildet werden, welches ihm auf seinem Lebenswege vorleuchte.

Nur dem also, der sich selbst nicht kennt, kann es überflüssig erscheinen, dass die in jenem Einen Gebote liegenden einzelnen Gebote, welche sich auf die einzelnen Theile der menschlichen Bestimmung beziehen, zu einzelner und zu harmonischer Beschauung, aufgestellt werden. Es ist dem Menschen und der Menschheit wesentlich, dass sie sich durch Freiheit, aus eignen, inneren Kräften, mit Gottes Hilfe, zum Menschen und zur Menschheit stetig bilden, und auch ihr Selbstbewusstsein kann nur aus freiem Streben, aus freiem Selbsterforschen, nur nach und nach, mit wachsender Klarheit hervorgehen. - Mithin verdient ein jeder Versuch des Einzelnen, die Gebote der Menschlichkeit darzustellen, die Aufmerksamkeit und die Prüfung jedes Edelgesinnten.

Freilich wird jeder Versuch, den ein Einzelner macht, die Gebote der Menschlichkeit aufzustellen, noch unvollendet sein und die Grenzen seiner Erkenntniss und seines Lebens, sowie die Grenzen des gegenwärtigen Kulturstandes der Menschheit, mehr, oder weniger an sich tragen. Vielmehr müssen alle Einzelne hierzu, in verschiedenen Zeitaltern zusammenwirken. Möge man daher vorstehenden Versuch gerecht und billig beurtheilen. Der Verfasser desselben forschte unmittelbar in dem ewigen Wesen des Menschen, so wie es sich in reiner Vernunfterkenntniss (in der reinen Vernunftwissenschaft, der Philosophie) einem jeden offenbart, der reinen Herzens zu sein strebt; und bemühte sich zugleich, die Vorschriften anderer Menschen, welche die Menschheit als weise schon anerkannt, in seinen Versuch zu verweben, ohne jedoch eine andere Autorität, als die der sich ihm darstellenden ewigen Wahrheit anzuerkennen. Er fühlt das Unvollkommene seiner Darstellung, so wahr er sich selbst erkennt, aber er fühlt auch und weiss es, dass sie ewige Worte des Lebens enthält.

Freilich mangeln wir im Angesicht des Urbildes der Menschheit und der Menschlichkeit alle des Ruhms; freilich fehlen wir alle mannigfaltig, und das Leben des Edelsten ist nicht rein von Übertretung der Gebote der Menschlichkeit.

Der Verfasser dieses Versuchs greift gerührt an seine eigene Brust und bekennt, dass er diese Gebote für sein eigenes Bedürfnis klar und wohlgeordnet aufzustellen gesucht hat, um sein eigenes Leben mit besonnener Kunst danach zu bilden, um danach sich selbst zu beleben, auf dass er selbst immer weniger fehle und sein Herz gegen sich selbst und gegen verderbliche Einflüsse von aussen bewahre. - Lediglich die Überzeugung, dass auch andere Wohlgesinnte mit ihm gewinnen werden, wenn sie aus dem Mitgetheilten Anlass nehmen, auf ihre eigene Weise die Grundgebote der Menschlichkeit, als leitende Sterne des Lebens, vor Augen zu stellen, hat ihn bewogen, diesen unvollkommenen Versuch der liebevollen Prüfung edler Menschen darzubieten.

Den Gehalt der hier ausgesprochenen Gebote zu entfalten, sie als allgemeine Lebensgesetze zu bewähren, und sie vor jeder redlichen Missdeutung sicherzustellen, ist der Gegenstand künftiger Mittheilungen. Nur einige einzelne Bemerkungen will ich beifügen, welche zur vorläufigen Erläuterung notwendig erscheinen.

Die Liebe Gottes ist der Weisheit und des Lebens Anfang. Auch die Lebensgesetze des Menschen beginnen mit Gott, mit Erhebung zu ihm und zu den höchsten Dingen in ihm, zur Vernunft, zur Natur und zur Menschheit. Nur der Mensch, der sich als in Gott als Glied und Organ in der Vernunft, in der Natur und in der Menschheit, erkennt, kann sich selbst achten, heilige Scheu vor sich selbst empfinden und sich selbst ehrwürdig werden. Denn der Mensch ist sich selbst das nächste, aber nicht das höchste Ehrwürdige.

Wenn gefordert wird, der Mensch solle als ganzer Mensch leben, so wird auf die jedem Menschen wesentliche Einheit und Ganzheit seines Bewusstseins und seines Wirkens und auf die Harmonie aller seiner einzelnen Theile und Bestrebungen hingedeutet, worin er ein organisches Wesen und Gott selbst ähnlich ist. Er soll bei allem seinen Denken, Empfinden, Begehren, Wollen und Handeln sich selbst als Ein untheilbares Wesen gegenwärtig bleiben und als solches wirken; bei allem, was er tut, und was in ihm vorgeht, mit ganzer Seele und mit ganzem Gemüte zugegen sein und sein Leben als ein harmonisches auffassen und bilden; damit er über einer, wenn auch edlen, doch einseitigen Neigung nie den ganzen Menschen vergesse; damit er seine ganze Kraft stets beisammen halte, um jede einzelne Neigung zu mässigen und dem Ganzen unterzuordnen, und so in freiem, sittlichen Wirken aller seiner Triebe und Kräfte ein allharmonischer Mensch sei und werde. Lebt der Mensch als ganzer Mensch, so wird er dann auch sein Eigenthümliches um so voller und schöner ausbilden und in dem einzelnen Theile menschlicher Bestimmung, wozu er vorzüglich fähig ist, um so vortrefflicher werden.

Die Vorschrift, Leib und Geist gleichförmig zu achten und zu bilden, beruht auf der Grundüberzeugung, dass alles, was ist, als Gottes Werk, zuerst um seiner selbst willen da und zuerst in sich selbständig und würdig sei; dass die Natur an sich selbst gleich selbständig und würdig, als die Vernunft, der Leib dem Menschen gleich wesentlich, als sein Geist sei.

Mit dem Worte: Innigkeit des Menschen wird der Zustand desselben bezeichnet, wenn ein anderes Wesen in ihm, als ganzem Menschen, in Geist und Gemüt, in Erkenntniss und in lebendiger Einwirkung, wahrhaft gegenwärtig ist, und der Mensch zugleich wechselseitig sich, als ganzen Menschen, mit Geist und Gemüt, mit herzlicher Neigung, in Achtung und Liebe, nach dem in ihm gegenwärtigen Wesen hinneigt und in diesem sich eben so wechselseits gegenwärtig zu machen sucht, als es ihm selbst gegenwärtig ist, auf dass es mit ihm eine wirkliche und wesentliche Einheit des Lebens eingehe. Daher umfasst der Name: Gottinnigkeit den ganzen Zustand und das ganze Leben des religiösen Menschen. Ebenso ist Menscheninnigkeit die der beschriebenen ähnliche, echtmenschliche Empfindung, Gesinnung, Neigung und Wechselwirkung des Menschen mit dem Menschen, und Menschheitinnigkeit bezeichnet das ähnliche, wechselseitige Verhältnis des einzelnen Menschen zu der ganzen Menschheit, wonach die Menschheit ihm und er der Menschheit, in Erkenntniss, Liebe und Leben gegenwärtig ist. In ähnlichem Sinne soll der Mensch vernunftinnig und naturinnig sein, und er ist es, sobald die Urbilder (die Ideen) der Vernunft und der Natur, als Wesen in Gott, ihm anschaulich geworden sind.

Das Gute soll der Mensch nicht ohne Hoffnung tun, und ohne Furcht kann er es als beschränktes Weltwesen nicht immer tun, ob er gleich, die eigene Schuld am meisten fürchtend, durch ein sittliches Leben, von Furcht sich immer mehr befreien soll und seines ewigen Heiles in Gott gewiss ist. Hoffnung aber ist urbildliches Voraussehen und Vorausempfinden des Zukünftigen; die wahre Hoffnung ruht also auf Gott, eine Tochter der Weisheit und des Guten. Hoffnung ist dem Menschen und der Menschheit, deren Wirken, so wie ihre Werke immer in Gegenwart und Zukunft zugleich sind, wesentlich; ohne sie ist kein sittlicher und weiser Lebensplan möglich. Nur Bestimmungsgrund des Entschlusses zum Guten kann und soll sie nicht sein, weil dies seinem Wesen nach ewig da ist: über und vor dem zeitlichen Gegensatz der Vergangenheit und der Zukunft, gut ist; und weil der Mensch ewig, um des Wesens des Guten selbst willen, in jedem Augenblicke seines Lebens, zum Guten unmittelbar verpflichtet ist.

Das Gebot: dem Bösen nicht Böses entgegenzusetzen, wird vielen hart, unausführbar oder auch ungerecht erscheinen. Dem der gründlich gut, der reinen Herzens ist, ist es leicht zu erfüllen. (...) Allein der Sinn desselben würde gänzlich missverstanden, wenn man daraus ableiten wollte: der Mensch solle sich das Böse wohlgefallen lassen, sich ihm gleichgültig hingeben, dagegen keine Vorsicht brauchen, keine gerechte Hilfe suchen. Vielmehr soll er unermüdet dem Bösen das Gute entgegensetzen, im Vertrauen auf die ewige Gewalt des Guten selbst und auf die Weisheit, Güte und Macht Gottes; er soll dem Bösen ausweichen, so lange und soweit es die Pflicht gestattet. Er soll des Bösen Quellen im Verstande und im Herzen liebevoll aus aller Kraft vernichten und es ist ihm Pflicht vor anzutuendem Unrecht sich durch gerechte Mittel zu verwahren und die Hilfe des Staates gegen mögliches oder angethanes Unrecht anzunehmen.

Diese Lebensgesetze beziehen sich im allgemeinen auf jeden Menschen, als einzelnen Menschen. Auf ähnliche Weise verdienen dann die Gebote der Menschlichkeit an jede menschliche Gesellschaft, an die Familie, an Freunde, an Stände, Stämme, Völker und an die ganze Menschheit dargestellt zu werden.

Die Gebote der Menschlichkeit sich oft und klar vorzustellen, und sie innig ins Herz zu fassen, ist dem Menschen, der im Drange des Lebens so leicht irren kann, eine wohlthätige Übung. Und wohl niemand wird unter den auf Erden Lebenden sein, der sich an die Gebote der Menschheit, auch in der unvollkommenen Gestalt, worin sie hier erscheinen, noch mehr aber in einer noch vollkommeneren, wenn sie ihm geworden, in kleineren und grösseren Perioden seines Lebens, ohne Nutzen, ohne Früchte der Güte und Schönheit erinnerte und diese Erinnerung ohne Nachtheil unterliesse.


Das Menschheitlebgesetzthum

Die folgende zweite Version ist in der von Krause entwickelten Wissenschaftssprache ausgeführt.


Vierter (bisher ungedruckter) Versuch (1818), zweite Abfassung (Fußnote 2)

Du sollst Wesen (Fußnote 3) dir orinnigen, orwesenschaun, orwesenfühlen (orwesenin-gemüthen und orwesenlieben), orwesenwollen, orwesenschaufühlwollen (Fußnote 4), Wesen orendeigen (Fußnote 5) darleben.

Du sollst Urwesen, Geistwesen, Leibwesen, Urwesen-geistleib-Vereinwesen, und in diesen, als deren Invereinwesen (Inmälwesen), Menschheitwesen, und alle Endwesen in ihnen, als den Einen Weseningliedbau (das Eine Inwesenthum) schaun, fühlen, wollen, schaufühlwollen (Fußnote 6), orendeigen darleben, weseninnig (Fußnote 7) anleben und mit ihnen vereinleben (verhaltleben) und mälleben.

Du sollst dich selbst, als Orend-Intheilwesen in Wesen und in Ingliedbauwesen, als Orendselbwesen, als Orendverhaltwesen, als Orendmälwesen, als Orendsellwesen (Fußnote 8) und als Orend-Sellmälwesen (als selbständiges und als geselliges Wesen), inwesenselbinnigen (dir selbst innigen, indem du dir Wesen orendeigen selbinnigest), dich selbst orlebbelebigen und omlebbelebigen, schaun, fühlen, wollen, schaufühlwollen; dich selbst wesenähnlich anleben, mit dir selbst ingliedbaulich mälleben und dich wesenähnlich, wesenrein, erhalten (bewahren und bewähren).

Sowie Wesen als Orwesen orselbwesenheitgleich (Fußnote 9) wesenlebet, also sollst du als orendliches Intheilwesen endorselbwesenheitlich (Fußnote 10) wesenleben, als Ormensch (ganzer Mensch) wesenahmleben (wesen-orom-ahmleben).
Du sollst dich selbst, als Geist und als Leib, und sofern du indurch Wesen - als -Urwesen ein Orendvereinwesen bist, schaun, fühlen, wollen, schaufühlwollen, wesengemäss anleben und wesenlebrein erhalten: dass du als Geist und als Leib, als jeder für sich und als beide in ihrem Vereinleben, wesenlebrein, wesen-mälinnig, gesund, orkräftig und schön, und du ein orgliedlebiger, wesen-orendahmiger Mensch seiest.

Du sollst dich mit Wesen, als mit Urwesen und mit Wesen als sein Ingliedbau seiendem Wesen, mit Geistwesen, Leibwesen, Geistleibvereinleben und mit Menschheitwesen, wesengemäss und wesengliedbaugemäss, dem Gesetzglied-baue des Einen Wesenlebens gemäss, vereinlebigen (vereinwesenen, sammlebigen, selllebigen und mällebigen, - mälwesenen); und sollst daher weseninnig und wesenmälinnig sein, und in der Einen Weseninnigkeit inwesenthum - innig - (weltinnig) und allendweseninnig, das ist: geistweseninnig (vernunftinnig), leib-weseninnig (naturinnig) und geistleibvereinweseninnig, darin menschheitinnig, und erdmenschheitinnig, und in diesem Gliedbau deiner Einen Weseninnigkeit auch selbinnig und selbmälverhalt-innig.

Und du sollst schaufühlwollwesenlebig sein gegen Wesen, als Orwesen, als Urwesen und als Omwesen, und gegen alle Endwesen in Wesen, und gegen dich selbst, als orendliches Mitinglied in Wesen, als in Omwesen (in dem Weseningliedbaue Wesens).

Du sollst wesenorendlebig (reingut) sein indurch (aus) selbwesentlichem (reinem), selbeigenkräftigem (freiem) Willen; und das Lebwesentliche (Gute) sollst du, als selbwesentliches Theilorganzes (rein und ganz), schaun, fühlen, wollen, schaufühlwollen und darleben (thun).

Du sollst wechselselblebinnig (gerecht) sein gegen Wesen und alle Endwesen des Weseningliedbaues und gegen dich selbst, in selbeigenkräftigem Wesen-Schaufühlwollen (Achtung).

Du sollst schön, schönheitinnig und schönheitsinnig sein in deinem ganzen Leben, das ist: orwesenähnlich in deiner ganzen, stetwerdenden Eigenorendgrenzheit; und sollst aller Endwesen Schönheit, soweit deine Kraft in deinem Lebenkreise reicht, schaun (erkennen), fühlen, wollen, schaufühlwollen und mitbewirken (befördern) und sollst deine Selbeigenschönheit mit der Selbeigenschönheit anderer Endwesen selbst auf vereinschöne (mälschöne) Weise vereinleben.

Du sollst liebinnig (liebreich, mälinnig) sein gegen Wesen und alle Endwesen und gegen dich selbst, in selbwesentlicher (reiner), selbeigenkräftiger (freier) Neigung.
Du sollst wesenschaufühlwollinnig sein gegen Wesen, als Orwesen und als Omwesen, gegen alle Endwesen in Wesen und gegen dich selbst, als Selb-Endwesen und als Gliedselbwesen mit allen Endwesen in Wesen.

Du sollst dich wesenorendlebgleich (heilig) halten und dich stetig wesenweihen (wesenlebergeben) in deinem Orendeigenleben, in deinem Schaun, Fühlen, Wollen, Schaufühlwollen, in deiner Sprache (in deinem Reden), in deiner ganzen Lebendarzeichnung (Fußnote 11), in deinem Wirken, in deinem Selbeigenleben und Mäleigenleben (in Denken, Reden und Thun, - in Gedanken, Worten und Werken). Und sollst, soweit deine Kraft reicht, mitwirken, dass auch deine Erdgeschwister also wesenorendlebgleich (heilig) sich selbst halten und wechselseitig gehalten werden, und dass alle Menschensellen (höhere Sellmen-schen, Menschengesellschaften) und diese ganze Erdmenschheit sich also halten, auf dass das ganze Erdmenschheitleben und die ganze Erdmenschheitleben-darzeichnung (Menschheitsprache) orendwesenlebgleich werde.

Du sollst das Schauwesentliche (Wahre, Wesenschaun), als den Einen Wesen-schaugliedbau (als die Eine Wissenschaft, als den Einen Wissenschaftgliedbau), orweseninnig, orwesenmälig, orweseninnig und orendwesensellig (in reiner Gesinnung und gesellig), erforschen, gliedbauen, in dem Zeichengliedbau der Wesensprache wesenahmlich darbilden und dasselbe fühlen, wollen, schaufühl-wollen und oreigenwesenahmlich darleben; - du sollst der erkannten Wahrheit gemäss leben, - die Wahrheit leben, - das Wahre lebsein.

Du sollst das Schöne in dem Orleben Weseningliedbaues (Fußnote 12) als Ingliedtheil des Einen Lebwesentlichen (Guten) schaun und in reinem Kunsttriebe, weseninnig und wesengesellig, in deinem Lebenkreise bilden.

Du sollst dich selbst lebbelebigen (erziehen) und lebgestalten (bilden), deinen or-endlichen Eigenlebenvorberuf orlebwesentlich und orendeigenlebwesentlich wählen und ihn weseninnig und wesenorvertraurig darleben; (Fußnote 13) und die lebbelebigenden und bildenden Vereinanursachnisse (Vereinanlebnisse, Einflüsse) Wesens-als-Urwesens und als Inwesengliedbaues, und jedes Endwesens in Wesen, mit selbeigenkräftiger (freier), orweseninniger (orbesonnener) Kunst in dich aufnehmen.


Wesenlebgesetze (Gebote), die in den vorigen enthalten sind, zugleich als verbietende (Fußnote 14)

Du sollst das Lebwesentliche (Gute) thun, rein, weil es lebwesentlich in Wesen ist, orheitlich gesagt: weil Wesen Wesen ist; nicht zuerst, weil es dir lebwesentlich ist, sondern, weil es in Wesen, sowie du selbst in Wesen, lebwesentlich ist, orheitlich gesagt: weil Wesen also in sich lebwesentlich Wesen ist; - noch, weil es dir Lust mitveranlasst, oder weil es dich von einem Missgefühl befreit, noch auch erstwesentlich um der Liebe willen; wohl aber sollst du das Lebwesentliche thun in Freudigkeit und in Liebe, auch wenn es dir inneren Theilschmerz (Fußnote 15) mitveranlasst. (Fußnote 16) Auch sollst du das Lebwesentliche nicht thun, weil du hoffest, noch, weil du fürchtest. (Fußnote 17)

Dadurch wirst du belebt werden mit lebwesentlichem Orgefühl, über aller Gegen-heit von Lust und Schmerz, und mit Orhoffnung in Wesen, dass du furchtlos, aber in reinweseninniger Scheu, und in Orvertrauen in Wesen dein Leben wesenähnlich und wesenmälinnig lebest.

Und das dir Orendeigen-Lebwesentliche (das eigenleblich-Gute, dir eigenleblich Pflichtgebotene) sollst du nie unterlassen in Hinsicht auf gegenwärtige, oder künftige Lust und Schmerz, Hoffnung, oder Furcht, noch auch um der Liebe willen; sondern du sollst das dir Orendeigen-Lebwesentliche, vor und über und ohne Hinsicht auf Lust und Schmerz, Furcht und Hoffnung, Liebe und Hass, erforschen, erfühlen, erwollen, erstreben, erüben - und in eigenorendlicher Wesenähnlichkeit darleben, und das dir Eigenlebwesentliche sollst du nie unterlassen.

Du sollst das Recht, - als (Fußnote 18) den Gliedbau des Wesenlebwechselaussenwesentlichen (als den Gliedbau [das System] der wechselseitig zu leistenden äussern Bedingnisse des wesengemäss Lebens) thun, zuerst, weil es recht, das ist: weil es wesenleb-wechselaussenwesentlich und ein Wesentheil des Einen Wesen-Lebwesentlichen (des Guten) ist, und erst dann, in untergeordneter Hinsicht auch darum, weil es dir nützlich, das ist: eigenlebverhaltwesentlich (eigenleb-aussenwesentlich, lebenförderlich), ist. (Fußnote 19)

Du sollst aller Wesen Lebvollwesenheit befördern und allen Empfindwesen (Gefühlwesen) Wohlgefühl und Freude bereiten, soweit deine Kraft reicht, nicht um ihres Dankes und um ihrer Wiedervergeltung willen, auch wenn sie dich wesenwidrig anleben, und ohne ihre gesetzmässige Freiheit zu stören; und dem, der dir wohlthut, sollst du dankbar sein.

Du sollst einem Endwesen eigenselbleblich (persönlich) geneigt sein und ihm wohlwollen und wohlthun, nicht um deiner Lust und deines Vortheils willen, noch auch um seiner Lust und seines Vortheils willen, sondern weil dies Wesen gut und schön und mit dir zugleich in Wesen als Glied Eines Lebens ist.

Du sollst gesellig (gesellsam) sein, weil dies lebwesentlich ist, - nicht aus Eigennutz, oder aus Lüsternheit, sondern keusch und schamhaft; und sollst dich mit andern Wesen vereinigen, nur, weil du diese Vereinlebung als Ingliedtheil deiner Einen Wesenmälinnigkeit und Wesenmälheit (deines Wesenvereinlebens) schaufühlwillst, in Liebe und um Liebe (nur in Gegenliebe, nur in Wechsel-Antliebe); und einen eigenselblichen (persönlichen) Verein sollst du nicht schliessen ohne eigenselblebliche Liebe, nur, weil jede deiner Wesenlebvereine selblebwesentlich (eigengut) in dem Vereinleben Wesens ist.

Du sollst zu dir selbst, als Gliede der Menschheit in Wesen, keine Vorachtung, noch Vorliebe und Vorgunst haben, sondern alle deine Geschwister-in-Wesen (Wesen-Erdgeschwister, Mitmenschen) achten und lieben, als dich selbst, in was immer für Aussengestalt und Eigenlebheit sie erscheinen mögen. - Sowie Wesen dich keinem Menschen vorachtet, sondern euch alle in sich völlig gleichachtet: also sollst du, der du in aller Wahrheit wesen-einstimmig sein sollst, auch dich selbst als Menschen keinem Menschen vorachten, oder auch nachachten, vorbegunsten, oder auch nachbegunsten.

Du sollst das Wahre annehmen, nur soweit du es selbinschauest, nicht, weil du erkennest, dass ein anderes endliches Wesen sagt, dass es ein Wahres schaue; und nur, was du nach eigener, freiselbthätiger Prüfung und in Selbinschauung selbst erkennst, sollst du annehmen, oder verwerfen, und aus Feigheit, oder aus Furcht, oder Hoffnung sollst du nichts ungeprüft lassen, und alles Erkannte, jedes Ergebniss der Forschung, sollst du gliedausbilden. Und sollst das Wahre nach dem Gesetzthume der Wissenschaft und der Lebbelebigung (Erziehung) allen Menschen mittheilen.

Und das Schöne sollst du lieben und darleben, nur, weil es ein Intheil des Guten ist, nicht, weil es dich ergötzt, nicht weil es dir lebwesentlich ist, sondern, weil Wesen, als Lebwesen, auch wesentlich schön ist.

Du sollst rein und ganz vom Bösen lassen, weil es wesenlebwidrig ist, nicht um Furcht und Hoffnung willen, nicht aus Liebe, oder um Liebe, nicht wegen Lust und Schmerz, oder wegen Lohn und Strafe; und das Böse sollst du mit nichts entschuldigen, in keiner Hinsicht billigen, das ist: irriger Weise für lebenwesent-lich annehmen (als gut irranerkennen), noch bescheinigen, weder an dir, noch an Anderen; und sollst lieber nichts, als Böses thun.

Du sollst nicht hochmüthig sein, noch ein Selbstling, nie träg sein, nie unwahren, in Worten noch That, noch in Geberde, Kleid, Geräthe, Wohnung und Umgebung; also nie lügen, nie heucheln, nie dich verstellen, nie dich ärgern, nie zürnen, nie ungeduldig sein, nie trotzen, nie mürrisch, arbeitscheu, arbeitekel, nie lebgleichgültig, lebenekel (acediosus) sein; nie zornreizen, nie necken, nie spotten, nie neiden, nie dich schadenfreuen, nie hassen, nie dich rächen: sondern weseninnig, bescheiden sein, weise-schweigsam und -redsam, lebenfreudig, wahrheitsinnig, wahrhaft, lauter und offenherzig, sanft, liebfriedinnig, geduldig, gutwillig, nur zum Guten freianregsam; biedersinnig, genügsam, froh über Anderer Wohl (allwohlfroh, wesenwohlfroh, anderwohlfroh) und urverzeihsam.

Dem Bösen sollst du nie Böses entwidersetzen, sondern nur Gutes und unermüdet immer nur Gutes sollst du dem Bösen entgegensetzen, und den Erfolg und überhaupt Alles, was ausserhalb (ober-, neben-, oder unterhalb) deiner Kraft ist, - sollst du Wesen überlassen.

Du sollst entgegensetzen:
Dem Wesenwidrigen das Wesengemässe.
Dem Irrthume die Wahrheit und die Wissenschaft.
Dem Hässlichen das Schöne. Dem Hässlichbösen das Schöngute. (Dem Niedrig-Bösen das Würde-Gute.)
Dem wesenwidrigen Gefühle das Wesengefühl.
Dem Laster die Tugend.
Der wesenwidrigen Gewohnheit Wesengewöhnung.
Der wesenwidrigen Uebung wesengemässe Uebung (Wesen-Uebung).
Dem Unrechte das Recht.
Der Wesen-Uninnigkeit Weseninnigkeit.
Dem Hasse die Liebe.
Der Feindschaft menschheitinnige und menschinnige Liebe und Zuneigung.
Der Trägheit Fleiss.
Dem Hochmuthe Wesenmuth.
Der Selbsucht Gemeinsinn (Sellmenschheitsinn) und Gönnsamkeit.
Der Lüge Wahrhaftigkeit.
Dem Reize zum Bösen heiligsinnige Liebinnigkeit.
Dem Zorne liebinnige Freundlichkeit und Liebrede.
Der Ungeduld bereitwillige Geduld, dem Trotze zartgesellige Nachgiebigkeit und ernstruhige, unstreithafte und gottstreithafte Ausführung des Guten.

Dem Anreize zum Bösen (der Verführung, der Versuchung) durch Entzündung irgend eines eben in dir mächtigen Einzeltriebes inmittelst der Aussenbescheinigung durch Schönheit und der Vorspiegelung der daraus erzeugten Lust setze entgegen: Orweseninnigung, und die dadurch erlangte Orweseninnigkeit und Orwesenbesonnenheit.

Dem Zornreizen gottinnige Ruhe und Liebfreundlichkeit, dem Necken ernste Duldsamkeit und ungestörte Fortarbeit und gottmuthige, kraftvolle, aber reingute und würdige Abweisung mit Geberde, Wort und That.

Der Falschheit Biederkeit und kluge Vorsicht und weise Schweigsamkeit und Redsamkeit.

Dem Neide Gönnsamkeit und liebinnige Mittheilsamkeit.
Dem Undanke Dank und Wohlthun.
Der Schadenfreude liebinnige, dienstbereite Freundlichkeit und ein duldsames, theilnehmendes Herz und Anderwohlfreude (Omwohlfreude).

Der Alleinselbeigensucht (Selbstsucht) liebinnige Gerechtigkeit, Hülfe und Treue, ohne alle Vorachtung und Vorbegunstung.

Der Tadelsucht williges Gehör und stete Verbesserung.
Der Missverachtung Orachtung in Wesen.
Dem Grolle würdeschöne Selbstheit, Gleichmuth und Biederkeit.
Dem Misstrauen reinmenschliches, geschwisterliches, keusches, vorsichtiges Wohlzutrauen.
Der Rache Verzeihung, Vorverzeihung und zuvorkommige Güte.
Der Schmähung Schweigen und wahrhafte, ernste, liebinnige Rede.
Dem Spotte und dem Hohne (Verlachen, Hohnlachen) ruhigen Ernst und Wesenmuth.
Der Raubsucht Freigebigkeit. Der Mordsucht Weseninnigung (Gebet), Hingebung und liebreiche, geschwis-terliche Rede.
So sollst du den, der Böses thut, nicht mit Bösem entwideranleben (bekämpfen), sondern das Böse nur mit Kraft des Guten, in urbesonnener, urwachsamer Weseninnigkeit, in reiner Tugend (Wesenlebwollheit), Gerechtigkeit und Schönheit, mit Gottheldmuth und wesenschaufühlwolliger (weiser) Kraft beken-nen, offenbar machen und erklären, dass und warum es böse ist, und es wesen-gemäss auf jede reingute Art verneinen und auslebigen (austilgen); und den, der im Bösen ist, sollst du erziehkunstlich heilen; - und anders sollst du dich dem Bösen nicht widersetzen.

Und dem Uebel, welches dir in der Wesenlebenbeschränkung, nach Wesens Willen, widerfährt, sollst du nicht Zorn, nicht Unmuth, Ungeduld, Muthlosigkeit, noch Trägheit entgegnen, noch deine wesenlebbeschränkten Kräfte wesenwidrig missbrauchen, noch die in der Wesenlebenbeschränkung gehemmten, ihres Gegenstandes beraubten, an sich reinen und heiligen Lebentriebe irreführen, noch wesenwidrig befriedigen; dadurch nicht deine Lebenbildung (deinen Eigenle-benplan) zerrütten, noch deshalb muthlos aufgeben, solange dir noch Kräfte bleiben: sondern in ruhiger, ganzer Ergebung in Wesen, mit orbesonnenem, orwesenwachem Muthe, mit munterem Fleiss und mit ernster Arbeittreue, mit aufstrebiger, in Wesen selbinniger, selbbewusster Kraft, sollst du das Uebel ertragen, die dir übrigen Lebenkräfte gottinnigweise für die Erreichung deines Eigenlebzweckes, für die Erhaltung deines Eigenlebberufstandes brauchen und sie üben und stärken; - und so mit Wesens Hülfe das Uebel überwinden.

Wesenähnlich, wesenselig ist, wer also wesenahmlebet. (Fußnote 20)

Vorstehende Abfassung vom Jahre 1818 habe ich zu Hause und auf allen meinen Reisen mehrere hundert Male mit Bleistift, oder Feder in der Hand durchdacht und durchgebessert; und die wichtigsten Zusätze und Verbesserungen sind von mir in Italien, in Tivoli, in Neapel, Rom, Florenz usw. gemacht worden, wo ich mich oft in den heiligen Stunden der Frühe und der Nacht selballein weseninnigte und mit Inbrunst und Treue meines göttlichen Berufes, als Gründers und Stifters des Menschheitbundes (eigentlich des Vollwesenlebens [der Einzelnen und der geselligen Menschheit]) auf Erden, gedachte und in dieser Ueberzeugung lebte.

Diese Folge von Abfassungen der Gebote der Menschheit soll in dem werdenden Menschheitbunde ausgebreitet und unvermengt und unvereingebildet mit den Arbeiten anderer menschheitinnigen Geschwister aufbewahrt werden, aber sie soll auch mit den Arbeiten Anderer vereingebildet werden. Aber die darin enthaltene Wahrheit soll der neue Menschheitbund mit in die immer vollkommnere Abfassung des Menschheit-Lehrspruchthums einarbeiten und vereinbilden.

Und so danke ich Dir, Wesen! O Du, mein treuer Gott, und glorpreise Dich, dass Du es weise also gefügt hast, dass die Lebengesetze des Menschen, - Deine Wahrheit, auch durch mich wesengemässer, bestimmter, reiner, tiefsinniger, ausführlicher und fasslicher dargesprochen werden konnte, als in allen mit bekannten Wissenschaftsystemen und Religionsystemen und Volklehrbegriffen auf dieser Erde bisher geschehen war. Wesen allein die Ehre alles Guten!
Göttingen, am 29. December 1830.

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Fußnoten:

  1. (40, S. 332 ff.)

  2. (40, S. 361 ff.)

  3. Wesen als Orwesen, als Urwesen und als der Weseningliedbau in sich seiend; Wesen, auch als du seiend und dich als Orendintheilwesen seiend, und als in und mit Wesen, als mit Orwesen und Ingliedbauwesen, vereinseiend und vereineigenlebend.
    Das Sittengesetz (Sittgesetz), besser: das Selbeigengesetz, ist eine urzeitewige Forderung Wesens selbst in-an sich selbst, sofern Wesen in sich Inwesengliedbau, und darin auch Menschheitwesen und jeder Einzelmensch ist.

  4. Dieses Wort fasst alle zwei- und dreigliedige Verbindungen von Schaun, Fühlen und Wollen in sich, allfolgheitlich. So ist Schaufühlwollen, als bleibende Eigenschaft: Weisheit.

  5. Als Orendtheil in Wesen, und zwar zeitkraftstetig.

  6. Siehe 2. So ist schaufühlen gleich: achten und lieben; besser: wesenschaufühlen.

  7. Und heiliggesinnt, - das ist: wesenähnlich gesinnt.

  8. Selle heisst: Lebverein gleichstufiger Endwesen, so: Leibwesen und Geistwesen, Einzelmensch und Einzelmensch.

  9. Und orseinartig.

  10. Und orendseinartig, in Kraft, Zeit und Raum, - zeitraumkraftstetig.

  11. Durch Bewegungen, Stellungen, Geberdungen des Leibes, durch Töne (Inselbbewegnisse), durch Gestaltung (Endraumnisse), durch Gestaltton und Tongestalt, durch Bilder (Lehrzeichen) und Gleichnisse, durch Kleidung, Wohnung, Geräthung und überhaupt durch was immer für Zeichen.

  12. Wesenheitgrenzig, wesenahmgrenzig, - schön, - ist auch das Ewigwesentliche, sowie das Lebwesentliche.

  13. Du sollst diesen Vorberuf nicht nach Theilwesenheiten, nicht nach Furcht und Hoffnung, nach Lust (Neigung) zuerst, oder allein, sondern zuerst nach Pflicht und Gerechtigkeit wählen; hinsichts deiner Lebenbedürfnisse dich selbheitlich orvertrauend in-zu Wesen wenden; denn Wesen ist dir einzig ornah, oreigenlebvereint; nur Wesens Kraft bestimmt alle Kräfte, deren Eigenlebwidernisse du erfährst, sowie alle Kräfte, die dich wesenlebfördern (dir helfen und nützen) können. Und du sollst Wesens Liebegüte preisen, wenn du in diesem deinem gottgewählten Eigenlebenberufe Schmerzen, Schmach, Verstümmelung und Tod duldest.

  14. Das ist: als das Lebwesenwidrige ausgesetzende.

  15. Denn dich als ganzen Menschen, das ist: als orendwesentliches (endorwesentliches) Wesen, kann das Gute in seinen Folgen nie schmerzen.

  16. Hier ist durch bestimmte Erklärungen und Lehren vorzubeugen, dass diese Vorschrift nicht zur Missentschuldigung von Unliebe und Grausamkeit gebraucht werde. - Lust ist Lebenäusserung davon, dass des lustempfindenden Theilgliedes Eigenselbwesenheit gefördert ist, also ansich und insich selbst, in seiner Theileigenselbwesenheit betrachtet, etwas Wesenheitliches: allein die Frage ist, ob es oromlebwesentlich ist, dass dem Einzelgliede, oder eigentlich dem Ganzmenschen, der es empfindet, diese Lust gewährt werde. - Du sollst Schmerz für dich und für alle Endwesen, als solchen, nie beabsichtigen und, wo die Oromlebwesenheit es gestattet, vermeiden. Du sollst, was der Trieb nach Lust fordert, nur wollen und thun, wenn es oromlebwesentlich ist.

  17. Es ist eine Stufe des Wesenahmlebens: das Gute nicht zu thun aus Furcht, oder Hoffnung; eine höhere: nicht in Furcht und Hoffnung, im weltbeschränkten Lebzustande; eine höhere; nicht in Furcht und Hoffnung selbst, im orlebenbeschränkten Lebstande.

  18. Da das Recht mehr umfasst, als dies, indem es der Gliedbau der von der Freiheit abhängigen ganzen Wesenlebbedingheit ist, so muss es hier oben heissen: Du sollst das Recht, als auch den Gliedbau des Wesenleb-wechselaussenwesentlichen. Siehe hierüber meinen Abriss des Systems der Rechtsphilosophie, 1828, und die Vorlesungen über Rechtsphilosophie (1874).

  19. Es ist in Ansehung des Rechtes stets zu geistinnigen, dass der Grund, mithin auch der Zweck (das Ziel) des Einen Rechtes stets das nächsthöhere Wesen als Ganzes ist, als dessen Gliedintheile (Sammtheile, Sellintheile und Mälintheile) die wechselvereinlebenden Menschen im Verhältnisse des Rechts stehen; nämlich dieses Wesen als ewig, zeitlich und zeitewig (dass es sein Ewigwesentliches vollwesendarlebe, in sich selbst und indurch Wesen mit allen Endwesen vereint). So ist hinsichts des Rechtes jedes Einzelmenschen das nächsthöhere Ganze Menschheit, d.h. Verein-Geistwesen-verein-Leibwesen-verein-Wesen; also allumfassend, orumfassend, für aller Endwesen Recht: Wesen.

  20. Ist es mir vergönnt, noch länger auf dieser Erde zu leben, so will ich auch diesen Theil des Wesenlehr-Spruchthumes der Menschheit noch vollkommener ausbilden.